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Julius Kühn-Institut, Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen

Zurück auf dem Acker  

Biodiversität Ernährung Landwirtschaft Nachhaltigkeit Züchtung
Auf dem Versuchsfeld des Julius Kühn-Instituts in Groß Lüsewitz wählen Forschende besonders widerstandsfähige Lupinen für die Weiterzüchtung aus. Foto: Florian Haase / JKI

Text: NORA LESSING

Lupinen sind die Basis zahlreicher Lebensmittel und liefern dabei wertvolle Proteine. Auf den Feldern hierzulande sind sie aber eine Nischenkultur. Wie sich das ändern könnte, erforschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am Julius Kühn-Institut (JKI).

Ob weiß, blau, violett, pink oder gelb – die Blüten der verschiedenen Lupinenarten sind ein Hingucker. Nach dem Verblühen bilden sich daraus längliche Hülsen, in denen Samen reifen, die wertvolles Protein enthalten. Das Protein von Süßlupinen wird vor allem für die Tierfütterung eingesetzt. In den vergangenen Jahren hat außerdem die Verwendung für die Lebensmittelproduktion stark zugenommen. Die Selektion von sogenannten Süßlupinen war die Voraussetzung für den Einsatz als Nahrungs- und Futtermittel. Sie stammen zwar aus dem Genpool der ursprünglichen Bitterlupinen, enthalten aber anders als diese nur wenige oder keine Alkaloide, also Bitterstoffe. Seit den 1930er-Jahren ist die Zucht solcher Süßlupinen möglich. „Grundsätzlich eignen sich dazu drei Lupinenarten: die blaue, die weiße und die gelbe Lupine“, erläutert Dr. Brigitte Ruge-Wehling. Die Züchtungsforscherin und Expertin für Pflanzengenetik am Julius Kühn- Institut in Groß Lüsewitz erforscht die Hülsenfrucht seit knapp 20 Jahren. Ziel ist die Züchtung gesunder, protein- und ertragreicher Lupinensorten, die einfach anzubauen sind und sich gut für die Fütterung oder die Lebensmittelproduktion vermarkten lassen.

Ein besonderes Merkmal von Lupinen ist die hohe Qualität des Proteins in ihren Samen. Es enthält lebenswichtige AminosäurenAminosäurenAminosäuren sind die Bausteine von Proteinen (Eiweiß) und kommen in allen bekannten Lebewesen vor. Essentielle Aminosäuren kann ein Organismus nicht selber herstellen, deshalb müssen sie mit der Nahrung aufgenommen werden. , die der Körper etwa für den Aufbau von Knochen und Muskeln benötigt. „Auch die Menge an Protein in Lupinensamen ist beachtlich. Die Samen einiger Linien der gelben Lupine kommen auf einen Proteingehalt von mehr als 40 Prozent. Damit liegt die Hülsenfrucht gleichauf mit Soja“, sagt Ruge-Wehling. Lupinen haben noch weitere Vorteile: Sie vertragen kühlere Temperaturen im Frühjahr und gedeihen auch auf trockenen und sandigen Böden. Unterirdisch wirken sich Lupinen ebenfalls positiv aus: Ihre langen Pfahlwurzeln lockern die Böden auf. Zudem binden die Hülsenfrüchte Stickstoff aus der Luft und geben das, was sie selbst nicht verwerten, in die Erde ab. „Ihr Anbau hilft daher auch, den Einsatz von künstlichen Düngern zu verringern. Die Lupine hat also einen hohen Wert für den Boden und die Landwirtschaft, weshalb sie insbesondere im Ökolandbau gern genutzt wird“, so die Forscherin.

Der Lupinenanbau hat eine bewegte Geschichte

Trotz dieser Vorteile zählt die Lupine aktuell zu den Nischenkulturen in Deutschland. 2022 wurden Lupinen nur auf einer Fläche von rund 32.000 Hektar angebaut. Das war in der Vergangenheit anders: In den 1930er-Jahren betrug die Anbaufläche von Lupinen als Körnerleguminose und Gründünger noch 150.000 Hektar. Im Verlauf des 20. Jahrhunderts ging der Lupinenanbau immer weiter zurück. „Der Rückgang hat verschiedene Ursachen. Ab Mitte der 1990er-Jahre hat sicherlich das Auftreten der Pilzkrankheit Anthraknose diese Entwicklung mit Ernteverlusten bis hin zum Totalausfall weiter beschleunigt“, sagt Ruge-Wehling. Es gab keinerlei Hinweise auf resistente oder tolerante Linien, die den sich rasant vermehrenden Pilz hätten aufhalten können.

 

Blaue Süßlupine und Hummel auf dem Versuchsfeld in Groß Lüsewitz. Foto: JKI

Pflanzen von innen stärken

Die ersten Forschungsprojekte beschäftigten sich deshalb mit der Suche nach Resistenzen gegenüber Anthraknose. Zunächst mussten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verstehen, warum der Pilz die Pflanzen so schädigen kann. Es zeigte sich: Der Pilz befällt die Hülse und dringt in den Samen ein. Deshalb kommt man ihm mit dem Versprühen von Pilzbekämpfungsmitteln, die nur äußerlich wirken, kaum bei. Da der Pilz sich im Inneren des Samens verbirgt, wird er unweigerlich auch in den Folgejahren mit der Aussaat aufs Feld gebracht. „Wir brauchen Lupinen, die den Pilz von innen abwehren können, also eine genetische Konstitution besitzen, die eine Abwehr des Pilzes ermöglicht“, fasst Ruge-Wehling zusammen. Dafür werden die Pflanzen im Feld mit dem Pilz infiziert und in anfällig gegenüber resistent klassifiziert.

Bei den blauen und weißen Lupinen ist die Wissenschaft schon recht weit: In den vergangenen Jahren haben internationale Lupinenforschende die Genome dieser beiden Arten sequenziert, also die Reihenfolge der gesamten vererbbaren Informationen bestimmt. Diese Daten sind öffentlich zugänglich und werden für die Entwicklung molekularer Marker, also kurzer DNA-Abschnitte, deren Ort im Genom bekannt ist, genutzt. In der blauen Lupine wurden so inzwischen zwei Gene definiert, die die Pflanze resistent gegen den Schädling machen. „Diese Gene wurden durch Kreuzung von Pflanzen kombiniert, um die Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Pilz nachhaltig zu verstärken. Die daraus entstandenen Linien bilden die Basis für die Züchtung neuer Sorten“, erklärt Ruge-Wehling.

Seit 2020 ist das JKI außerdem in das Projekt „LupiSmart“ involviert, das im Rahmen der Eiweißpflanzenstrategie (EPS) vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gefördert wurde. Dabei geht es unter anderem um die Verbesserung der Anfälligkeit gegenüber Anthraknose bei der weißen Lupine. Es zeigte sich: Einigen wenigen Linien schadete der Pilz nur geringfügig. „Resistenzen gegen den Pilz haben wir zwar nicht finden können“, fasst Brigitte Ruge-Wehling die Ergebnisse zusammen, „aber dafür einige Linien, die sich tolerant, also widerstandsfähig zeigen. Wenn man diese toleranten Pflanzen anbaut, sind die Ertragseinbußen durch den Pilz wesentlich geringer.“ Da die weißen Lupinen zurzeit ertragreicher als die anderen Lupinenarten sind, haben landwirtschaftliche Betriebe großes Interesse an den Zuchtlinien und nehmen dafür kleine auftretende Infektionsherde auf ihren Feldern in Kauf. Seit 2019 sind bereits die toleranten Sorten Frieda und Celina auf dem Markt.

Die aktuelle Forschung beschäftigt sich nun auch mit der Gelblupine. Tatsächlich gibt es seit vielen Jahren in Deutschland keine neuen Sorten dieser besonders proteinhaltigen Pflanze. „Es braucht auch für die gelbe Lupine Resistenzgene, die sie gegen den Pilz schützen“, sagt Ruge-Wehling. Ein hochwirksames Resistenzgen wurde bereits identifiziert.

Die Samen der Lupine reifen in länglichen Hülsen. Getrocknete Lupinensamen können zum Beispiel zu Mehl oder Schrot verarbeitet werden. Foto: Florian Haase / JKI

Blaue Lupinen sollen weniger bitter schmecken

Nicht nur der Pilz steht dem verstärkten Anbau von Lupinen zur Lebensmittelproduktion im Wege. Die Samen enthalten Alkaloide. Diese Bitterstoffe schmecken nicht nur unangenehm, sondern sind in hohen Dosen auch giftig. Deshalb wollen JKI-Forschende nun Wege finden, den Gehalt an Bitterstoffen in blauen Lupinen gezielt und nachhaltig zu reduzieren. Sie arbeiten dafür mit der Saatzucht Steinach zusammen, einem der wenigen Betriebe in Deutschland, der Lupinen züchtet. Seit 2005 beteiligt sich das Unternehmen am Standort Bocksee (Mecklenburg-Vorpommern) unter der Koordination des JKI an Projekten zur Merkmalsverbesserung der blauen Lupine.

„Wir haben ein breites Set an genetisch unterschiedlichen Samen auf dem Feld ausgebracht“, beschreibt Brigitte Ruge-Wehling den aktuellen Stand. Die Pflanzen, die daraus entstehen, werden den Forschenden zur Bestimmung der Bitterstoffe und der genetischen Analyse dieses Merkmals zur Verfügung stehen. Eine Gensequenz – also ein charakteristischer Abschnitt im Genom der Lupine, die für die Synthese der Bitterstoffe in den Samen mitverantwortlich ist, wurde bereits von dänischen Forschenden veröffentlicht. Dies hilft Brigitte Ruge-Wehling und ihrem Team im ebenfalls durch die Eiweißpflanzenstrategie geförderten Projekt „LupiAlk“: „Wir werden das Genmaterial aller Pflanzen durchgehen. Auswählen werden wir dann diejenigen, die arm an Bitterstoffen sind, das uns bereits bekannte Gen aber nicht tragen“, so die Forscherin. Diese Linien sollen mit anderen Genvarianten gekreuzt werden. So könnten dann Linien für die Sortenzüchtung zur Verfügung stehen, die einen besonders geringen Gehalt an Bitterstoffen aufweisen. Das Projekt läuft seit März 2023, steht also noch ganz am Anfang. Mit Ergebnissen rechnen die Forschenden ab Ende 2025.

Die blauen Lupinen auf dem Groß Lüsewitzer Versuchsfeld sind proteinreich und werden so gezüchtet, dass sie künftig weniger Bitterstoffe enthalten. Foto: Florian Haase / JKI

Den Züchtungsfortschritt beschleunigen

Die Forschung am JKI trägt dazu bei, verschiedene Herausforderungen beim Anbau von Lupinen zu meistern. Aus Sicht von Ruge-Wehling bekommt die Hülsenfrucht so eine echte Chance: „Unser Ziel ist es, den Züchtungsfortschritt bei den landwirtschaftlich genutzten Lupinen so zu beschleunigen, dass der Anbau in den kommenden Jahren wieder auf mindestens 50.000 Hektar pro Jahr steigt.“ In Zusammenarbeit mit interessierten Zuchtfirmen schaffen die Forschenden die Grundlage für neue Sorten, die in Hinblick auf die Ertragsstabilität und Ertragshöhe den bisherigen Sorten deutlich überlegen sind. Hierbei werden in Zukunft die Informationen über die Struktur des Lupinenerbguts eine immer größere Rolle spielen und den Zuchtfortschritt beschleunigen. Ruge-Wehling ist sich sicher: „Wenn wir über mehrere Jahre einen stabilen Anbau haben, wissen diejenigen, die sie verwerten: Die Lupine wird regional, sicher und gut angebaut und man kann jedes Jahr darauf zugreifen.“

Erschien zuerst im/auf: Forschungsfelder Magazin, Ausgabe 02/23
Institution: Julius Kühn-Institut, Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen
Ansprechpartner/in: Isabell Haberkorn

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