In Zusammenarbeit mit:

Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB)

Klimawandel: Mehr Algen und weniger Wasserpflanzen begünstigen Methanemissionen  

Gewässer Pflanzenschutz
Wasserpflanzen sind wichtig, um die Methanemissionen aus Gewässern zu reduzieren.
Wasserpflanzen sind wichtig, um die Methanemissionen aus Gewässern zu reduzieren. Das große Fischsterben in der Oder Sommer 2022 hat bis heute die Bestände stark dezimiert. © Solvin Zankl

Text: NADJA NEUMANN

In den letzten Jahren sind in vielen flachen Seen weltweit die Unterwasserpflanzen verschwunden, stattdessen wachsen mehr Algen und freischwimmende Pflanzen. Ein chinesisches Team hat in Zusammenarbeit mit IGB-Forscherin Sabine Hilt in einem großen Mesokosmen-Experiment gezeigt, wie Hitzewellen, Nährstoffe und Pestizide das Algenwachstum fördern und die Wasserpflanzen schwinden lassen. Diese Verschiebung der Pflanzentypen kann die Gesamtmenge der Treibhausgasemissionen aus flachen Seen erhöhen, wie die Forscherin mit niederländischen Kolleginnen und Kollegen in einem weiteren Mesokosmen-Experiment nachweisen konnte.

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Zugegeben, Wasserpflanzen stören vielleicht beim Baden, sie sind aber wichtige Lebensräume für verschiedenste Lebewesen und tragen zur Selbstreinigung von Gewässern bei. Gehen sie verloren und breiten sich in Gewässern stattdessen Algen und schwimmende Pflanzen aus, werden außerdem mehr Treibhausgase freigesetzt. Dies zeigt eine Studie, an der IGB-Forscherin Sabine Hilt beteiligt war.

Die Wissenschaftlerin untersucht, warum in vielen Gewässern in den letzten Jahren weniger Unterwasserpflanzen wachsen. „Man weiß, dass sowohl der Aufwuchs von Algen als auch die Trübung des Wassers dabei eine wichtige Rolle spielen. Schließlich benötigen die Pflanzen, die mit ihren Wurzeln im Gewässergrund verankert sind, dort unten Sonnenlicht für die Photosynthese, aber auch andere Stressoren spielen eine Rolle“, erläutert Sabine Hilt.

Hitzewellen bergen Risiken für Wasserpflanzenbestände in landwirtschaftlich geprägten Gegenden

Gemeinsam mit einem Team unter Leitung der Chinesischen Akademie der Wissenschaften in Wuhan untersuchte die IGB-Wissenschaftlerin, wie sich typische Stressoren in Agrarlandschaften – Erwärmung, Nährstoffe und das Pflanzenschutzmittel Glyphosat – einzeln und in Kombination auf das Wachstum von Algen und zwei Wasserpflanzenarten auswirken. Als Beispiele wählten die Forschenden die Grundnessel (Hydrilla verticillata), die an der Wasseroberfläche ein Blätterdach bildet und die Wasserschraube (Vallisneria denseserrulata), die am Gewässergrund wächst. Um flache Seen zu simulieren, nutzten sie 48 Mesokosmen mit je 2.500 Litern Wasservolumen.

Im Versuch hatten Erwärmung oder Hitzewellen allein keinen Einfluss auf das Vorkommen von Algen, verringerten aber die Biomasse der am Grund wachsenden Wasserschraube. Erhöhte Nährstoffkonzentrationen verstärkten das Algenwachstum und damit die Beschattung beider Wasserpflanzen, insbesondere der Wasserschraube. Das Pflanzenschutzmittel Glyphosat allein hatte bei stabilen Umgebungstemperaturen keinen Effekt auf das Wachstum von Algen und Wasserpflanzen. Hitzewellen förderten jedoch das Algenwachstum bei kombinierter Nährstoff- und Glyphosatbelastung stärker als eine kontinuierliche Erwärmung. Infolgedessen war die Biomasse der Grundnessel unter diesen Bedingungen am geringsten.

„Unsere Studie hat gezeigt, dass mehrere Stressfaktoren in Wechselwirkung zu einem Verlust von Wasserpflanzen führen können. Das Risiko, dass Wasserpflanzen verschwinden, steigt insbesondere durch häufigere Hitzewellen infolge des Klimawandels bei flachen Gewässern in landwirtschaftlich genutzten Landschaften“, resümiert Sabine Hilt.

Verschiebung der Pflanzentypen in Gewässern führt zu höheren Methanemissionen

Eine solche Verschiebung der dominanten Pflanzentypen in Gewässern kann auch dazu führen, dass mehr Treibhausgase freigesetzt werden. Dies zeigt ein weiteres Mesokosmen-Experiment, an dem Sabine Hilt beteiligt war. Das Forschungsteam unter Führung der Universität Nijmegen und des Niederländischen Instituts für Ökologie in Wageningen untersuchte in drei aufeinanderfolgenden Jahren den Effekt einer Erwärmung um 4°C auf die Freisetzung von Treibhausgasen aus Meskosmen mit Dominanz von Unterwasserpflanzen, Schwimmblattpflanzen oder Algen. Der Effekt der Erwärmung auf die Freisetzung von Methan war in den von Schwimmblattpflanzen und Algen dominierten Mesokosmen deutlich höher als in Mesokosmen, in denen vorwiegend Unterwasserpflanzen wuchsen. „Ein Grund für eine niedrigere Methanemission in Gewässern mit vielen Unterwasserpflanzen ist sicherlich die Bildung von Sauerstoff durch die Wurzeln. So wird das am Gewässerboden entstehende Methan oxidiert, bevor es in die Atmosphäre gelangen kann.“, erläutert Sabine Hilt.

Die im Rahmen des Klimawandels zu erwartende Verschiebung des Pflanzentyps von Wasserpflanzen hin zu einer Dominanz von Algen oder Schwimmblattpflanzen wird die Gesamtmenge der Treibhausgasemissionen aus flachen Gewässern sicherlich erhöhen – eine bisher übersehene Rückkopplung, die den Klimawandel weiter antreibt. „Bewirtschaftungsstrategien, die darauf abzielen, das Vorkommen von Unterwasserpflanzen zu begünstigen, können daher helfen, die Treibhausgasemissionen aus Gewässern zu verringern“, sagt Sabine Hilt.

 

Weiterführende Informationen

IGB Fact Sheed zum Download:

Massenentwicklung von Wasserpflanzen: Natürliches Phänomen oder ernstes Problem?: Die Forschenden erklären in diesem IGB Fact Sheet, wie es zu Massenentwicklungen von Wasserpflanzen kommen kann – und auch, warum deren Management ein Umdenken in Öffentlichkeit, Behörden und Unterhaltungsverbänden erfordert: igb_fact_sheet_massenentwicklungen_wasserpflanzen.pdf (igb-berlin.de)

Publikationen:

Peiyu Zhang, Tao Wang, Huan Zhang, Huan Wang, Sabine Hilt, Penglan Shi, Haowu Cheng, Mingjun Feng, Meng Pan, Yulun Guo, Kang Wang, Xiaoqi Xu, Jianlin Chen, Kangshun Zhao, Yuhan He, Min Zhang, Jun Xu (2022): Heat waves rather than continuous warming exacerbate impacts of nutrient loading and herbicides on aquatic ecosystems. Environment International, Volume 168, 2022, 107478, ISSN 0160-4120, https://doi.org/10.1016/j.envint.2022.107478.

Ralf C.H. Aben, Mandy Velthuis, Garabet Kazanjian, Thijs Frenken, Edwin T.H.M. Peeters, Dedmer B. Van de Waal, Sabine Hilt, Lisette N. de Senerpont Domis, Leon P.M. Lamers, Sarian Kosten (2022): Temperature response of aquatic greenhouse gas emissions differs between dominant plant types, Water Research, Volume 226, 2022, 119251, ISSN 0043-1354, https://doi.org/10.1016/j.watres.2022.119251.

Institution: Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB)
Ansprechpartner/in: Sabine Hilt

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