In Zusammenarbeit mit:
Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF)
Kohle für den Acker
Aus pflanzlichem Abfall entsteht ein Substrat, das Bodenfruchtbarkeit und Ernteerträge erhöht. Biokohle wurde schon vor Jahrtausenden in Südamerika als Düngung eingesetzt. Das schwarze Pulver verbessert nicht nur das Pflanzenwachstum, sondern wirkt auch als Kohlenstoffspeicher. Die »Wunderkohle« könnte in den kommenden Jahren zu einer begehrten Ressource werden, speziell im Anbau von Leguminosen oder überall dort, wo Dünger zu teuer ist.
Für diejenigen, die lieber hören, statt lesen
DownloadIhre Blüten sind attraktiv, ihre Samen eiweißreich und nahrhaft für Mensch und Tier, doch das wirklich Besondere an ihnen ist unter der Erde versteckt: Leguminosen wie Lupinen, Erbsen oder Sojabohnen besitzen an ihren Wurzeln kleine kugelige Gebilde. In diesen leben Abermillionen Bakterien, die eine Lebensgemeinschaft mit der Pflanze eingehen, von der beide Seiten profitieren. Die auch Knöllchenbakterien genannten Mikroorganismen liefern den Pflanzen einen wertvollen Nährstoff. Sie fixieren Stickstoff aus der Luft und machen ihn damit für die Pflanze verfügbar. Im Gegenzug versorgt die Pflanze ihre winzigen Mitbewohner mit Nahrung.
Ohne diese Lebensgemeinschaft kümmern die Pflanzen vor sich hin. Denn einen Großteil ihres Stickstoffbedarfs liefern ihnen die Bodenbakterien. Die Pflanzen sind jedoch wählerisch: Jede Art geht nur mit ganz bestimmten Bakterien eine Verbindung ein. Während Bohnen oder Erbsen in den heimischen Böden problemlos ihre Partner finden, ist es für die Sojabohne schwieriger. Denn ihre Knöllchenbakterien kommen in Mitteleuropa nicht vor. Wer Sojabohnen in Deutschland anbaut, muss deshalb die geeigneten Bodenbakterien zusammen mit der Saat in den Boden bringen.
Biokohle als Überlebenskapsel für Mikroben
Die Agrarforscherin Dr. Dilfuza Egamberdieva untersucht diese enge Lebensgemeinschaft zwischen Pflanzen und Bakterien seit Langem. Und sie weiß, dass es in manchen Jahren nicht gelingt, Sojabohnen und Knöllchenbakterien erfolgreich Zusammenzuführen. Dann bleiben die Pflanzen klein und die Erträge niedrig. Der Grund: »Wenn es sehr trocken ist, bevor die Bakterien eine Symbiose eingehen können, sterben sie«, erklärt die Forscherin. Regnet es nach der Aussaat nicht, ist das Schicksal der Mikroorganismen besiegelt.
Doch die Forscherin hat einen Ausweg für dieses Dilemma gefunden. Mit Experimenten im Freiland und im Gewächshaus suchte sie nach einem Substrat, indem die Bakterien auch Trockenheit überstehen können. Sie wurde fündig: Setzte sie dem Boden Biokohle zu, überlebten die Organismen.
Biokohle entsteht durch ein Verfahren, das Fachleute als Pyrolyse bezeichnen. Pflanzenreste, Biomüll oder sogar Dung werden dabei auf 300 bis 800 Grad Celsius unter Luftabschluss erhitzt. Nach einer halben Stunde hat sich das Material in tiefschwarzes Substrat verwandelt, das an Holzkohle erinnert.
Seit etwa zehn Jahren beschäftigt sich die Forschung intensiv mit dem Thema. Denn im Boden entfaltet sie zahlreiche positive Eigenschaften. Das wussten auch schon die südamerikanischen Hochkulturen, die mit der Terra Preta bereits vor Jahrtausenden einen extrem fruchtbaren Boden schufen. Ein wichtiger Bestandteil dieser schwarzen Erde ist Biokohle. Wie ein Schwamm speichert sie Wasser und Nährstoffe und gibt sie nach und nach an die Pflanzen ab.
»Biokohle hat mikroskopisch kleine Poren, in denen sich die Bakterien ansiedeln, und wo sie vor Trockenheit und Temperaturunterschieden geschützt sind«, erklärt Egamberdieva. Das Substrat wirkt wie eine Überlebenskapsel, in der die Mikroorganismen ungünstige Phasen überdauern. Keimen die Samen der Sojabohne aus, warten die Knöllchenbakterien schon darauf, die Wurzeln zu besiedeln. »Mit Biokohle bilden sich mehr Wurzelknöllchen als ohne«, betont die Forscherin. Dadurch sind die Pflanzen größer und die Erträge höher, denn die Pflanze ist besser mit Stickstoff versorgt.
Höhere Bodenfruchtbarkeit mit Kohle
Doch Biokohle kann noch weitaus mehr. Weil das Substrat im Boden nur sehr langsam abgebaut wird, ist es ein effektiver Kohlenstoffspeicher. Auch deshalb ist das schwarze Gold für die Forschung so interessant. Zusätzlich verbessern sich weitere Bodeneigenschaften. Die mikrobielle Aktivität und der Nährstoffgehalt steigen, der Anteil an organischen Komponenten nimmt zu. Langfristig erhöht sich die Bodenfruchtbarkeit – und damit auch der Ertrag weiterer Nutzpflanzen wie Getreide oder Gemüse, erwartet Egamberdieva. Damit könnte das Verfahren auch über den Leguminosenanbau hinaus interessant werden.
Dennoch sind längst nicht alle Fragen geklärt. Ob Biokohle auf alle Pflanzen und Böden positiv wirkt, oder ob sie auch Nachteile haben kann, muss noch weiter untersucht werden. In den kommenden Jahren wird Egamberdieva erforschen, wie Biokohle verschiedene Nutzpflanzen beeinflusst und welche Art von Biokohle besonders positiv wirkt.
Bereits heute kann die Forscherin sagen, dass es sich für Klima und Boden lohnt, Biokohle einzusetzen. Besonders die Landwirtschaft in Entwicklungsländern könnte von der Methode profitieren. Hier ist Dünger teuer und die Umweltbedingungen für Pflanzenbau sind oft ungünstig. Biokohle ist leicht herzustellen, die notwendigen Ausgangsmaterialien sind nahezu überall verfügbar. Hierzu braucht es aber langfristige Ansätze in Politik und Landwirtschaft, denn es wird einige Jahre dauern, bis die Biokohle den Boden nachhaltig verbessert. Schließlich wuchsen auch die fruchtbaren Terra Preta-Böden am Amazonas nicht über Nacht.