In Zusammenarbeit mit:

Leibniz-Institut für Plasmaforschung und Technologie e.V. (INP)

Sauberes Wasser für Nahrungsproduktion und Landwirtschaft  

Ernährungssicherheit Landwirtschaft Nachhaltigkeit
Trinkbares Wasser ist wertvoll
© Rony Michaud | Pixabay

Text: STEFAN GERHARDT

Trinkbares Wasser ist eine sehr kostbare Ressource, deshalb werden innovative physikalische Verfahren zur Wasseraufbereitung im Forschungsprojekt PHYSICS FOR FOOD beim Praxispartner Cosun Beet Company (CBC) Anklam getestet.

Für diejenigen, die lieber hören, statt lesen

Download

Nur rund drei Prozent des weltweit verfügbaren Wassers ist trinkbares Süßwasser. Die in den letzten Jahren verstärkt auftretenden Extremwetterereignisse wie Hitze und Dürren machen auch hierzulande klar, wie wertvoll diese Ressource ist. Gleichzeitig werden große Mengen an Wasser benötigt, um Lebensmittel herzustellen. Innovative physikalische Verfahren könnten durch Wasseraufbereitung und Wasserrückführung helfen, den Frischwasserbedarf in der Lebensmittelverarbeitung zu senken. Durch die Beseitigung von Partikeln und Keimen sinkt dabei auch die Belastung der Umwelt durch Abwässer. Das Forschungsprojekt PHYSICS FOR FOOD startet nach erfolgreichen Laborversuchen hierzu einen Praxistest in der Anklamer Fabrik.

Dabei sollen umweltbelastende Stoffe und Keime aus dem Prozesswasser der Zuckerproduktion entfernt werden durch eine neuartige Kombination verschiedener physikalischer Verfahren wie

  • mechanische Filter,
  • Aktivkohle,
  • Ultraschall,
  • Ozonung,
  • UV-Behandlung sowie
  • gepulsten elektrischen Feldern (PEF).

Gepulste elektrische Felder (PEF) sind ein nicht-thermisches Konservierungsverfahren, bei dem mittels kurzen elektrischen Pulsen Zellen aufgeschlossen werden. Lebensmittel werden einem hohen elektrischen Feld in Form von kurzen Impulsen ausgesetzt, um Mikroorganismen gezielt zu inaktivieren und Zellmembranen zu öffnen.

Zusätzlich kommt eine spezielle Plasmatechnologie zum Einsatz, die Pestizide und Rückstände von Pharmazeutika mittels einer dielektrisch-behinderten Entladung (DBE) unschädlich machen soll. Die DBE oder auch Plasmaentladung wird durch Anlegen einer hohen Spannung zwischen zwei Elektroden erzeugt, wobei mindestens eine der Elektroden durch ein Dielektrikum – das heißt, eine elektrisch schwach- oder nichtleitende Substanz – isoliert ist.

Die verschiedenen Module werden im Verlauf des Projekts an unterschiedlichen Abwässern auf ihre Effektivität getestet. Der mobile Demonstrator kann pro Stunde bis zu 2.500 Liter Abwasser reinigen. Die Anlage ermöglicht es, die Wirkung der verschiedenen eingesetzten Verfahren auf die jeweilige Wasserzusammensetzung einzeln und in Kombination zu testen, um die optimale Konstruktion von großtechnischen Anwendungen für unterschiedliche Einsatzbereiche vorzubereiten.

Mobile PHYSICS FOR FOOD Wasseraufbereitungsanlage in der Cosun Beet Company Anklam. Demonstrator inklusive Grob- und Feinfilter, Ozon-, UV-, Aktivkohle-, Ultraschall-, Plasma- und PEF-Modulen. © INP
Mobile PHYSICS FOR FOOD Wasseraufbereitungsanlage in der Cosun Beet Company Anklam. Demonstrator inklusive Grob- und Feinfilter, Ozon-, UV-, Aktivkohle-, Ultraschall-, Plasma- und PEF-Modulen. © INP

Umweltfreundliche Wasseraufbereitungsverfahren dank innovativer Technologien

Der wissenschaftliche Leiter des Projekts Prof. Dr. Jürgen Kolb vom Leibniz-Institut für Plasmaforschung und Technologie (INP) erläutert: „Die Aufbereitung von Wasser in der Lebensmittelproduktion und Landwirtschaft bietet ein enormes ökologisches wie ökonomisches Potenzial. Wir suchen nach neuen Möglichkeiten, mit denen Abwasser entweder direkt im Produktionsprozess wiederverwendet werden kann, oder sauber in die Natur zurückgeleitet wird. Durch die Kombination klassischer Wasseraufbereitungsverfahren mit innovativen Technologien wie Plasma, Ultraschall und gepulsten elektrischen Feldern können wir sehr effizient Keime, Agrochemikalien und Pharmazeutika aus dem Wasser entfernen, und so aus dem Grundwasser oder Oberflächengewässern fernhalten. Mögliche Einsatzbereiche sehen wir neben der Lebensmittelproduktion auch in der Pflanzenzucht, Tierhaltung oder im Umfeld von Krankenhäusern.“

Als Praxispartner beteiligt ist die Cosun Beet Company als Betreiber der Zuckerfabrik Anklam. Jährlich verarbeitet die Anlage in Mecklenburg-Vorpommern derzeit rund 1,8 Millionen Tonnen Zuckerrüben. Neben Kristallzucker produziert das Werk aus den Zuckerrüben auch Futtermittel, Bioethanol sowie Biomethan, das als erneuerbare Energiequelle in das Erdgasnetz eingespeist wird. Miriam Woller‑Pfeifer, Betriebsingenieurin bei der CBC Anklam, kommentiert: „Unser Ziel ist es, bei der Verarbeitung von Zuckerrüben eine komplette Kreislaufwirtschaft zu erreichen. Wir wollen sämtliche Bestandteile optimal und nachhaltig nutzen. Die Wasseraufbereitung ist dabei ein zentraler Punkt in unserer Nachhaltigkeitsstrategie.“

Weiterführende Informationen

Neben der Cosun Beet Company GmbH & Co. KG und dem Leibniz-Institut für Plasmaforschung und Technologie e.V. (INP) sind als weitere Projektpartner die Harbauer GmbH und die Power Recycling Energyservice GmbH beteiligt. Das mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung geförderte Projekt läuft noch bis Ende 2022.

Über PHYSICS FOR FOOD
Die Hochschule Neubrandenburg, das Leibniz-Institut für Plasmaforschung und Technologie e.V. (INP) und die Ceravis AG starteten im Jahr 2018 das Projekt ‚PHYSICS FOR FOOD – EINE REGION DENKT UM!‘. Gemeinsam mit Partnern entwickelt das Bündnis neue physikalische Technologien für die Landwirtschaft und Lebensmittelverarbeitung. Zum Einsatz kommen Atmosphärendruck-Plasma, gepulste elektrische Felder und UV-Licht. Ziele sind die Reduktion von chemischen Mitteln beim Schutz von Saatgut und Nutzpflanzen und die Stärkung von Pflanzen gegenüber den Folgen des Klimawandels. PHYSICS FOR FOOD arbeitet zudem an neuen Verfahren zur Optimierung von Agrarrohstoffen und der Reduzierung von Schadstoffen in der Lebensmittelproduktion. Gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen der Initiative ‚WIR! – Wandel durch Innovation in der Region‘ sorgt das Projekt für Technologietransfer und die Sicherung von Arbeitsplätzen im Küstenhinterland Mecklenburg-Vorpommerns (Förderkennzeichen 03WIR2803).
Weitere Informationen zum Projekt: www.physicsforfood.org

Institution: Leibniz-Institut für Plasmaforschung und Technologie e.V. (INP)
Ansprechpartner/in: Prof. Dr. Jürgen Kolb (INP)

Kommentieren

Newsletter abonnieren

Vier- bis sechsmal jährlich informieren wir über Fakten, News und Ideen rund um die Landwirtschaft der Zukunft.