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Forschungsinstitut für Nutztierbiologie (FBN)

FBN-Wissenschaftlerin leitet erstes deutsches Forschungskonsortium für zellbasiertes Fleisch  

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Projektleiterin Dr. Monika Röntgen am Bioreaktor, in dem das Zellwachstum stattfindet.
Projektleiterin Dr. Monika Röntgen am Bioreaktor, in dem das Zellwachstum stattfindet. © Joachim Kloock | FBN

Text: CONNY STEINKE

Die konventionelle Produktion von Fleisch mit landwirtschaftlichen Nutztieren leistet einen wichtigen Beitrag zur Versorgung der Bevölkerung mit tierischem Protein. Sie steht jedoch wegen negativer Effekte auf Umwelt und Klima sowie im Zusammenhang mit ethischen Aspekten und sich ändernden Essgewohnheiten in der Kritik. Zudem soll die Weltbevölkerung bis zum Jahr 2050 auf zehn Milliarden Menschen wachsen. Um diesen Zielkonflikt zu lösen, setzt eine steigende Zahl von Startups, Investoren und großen Lebensmittelproduzenten weltweit auf sogenanntes „In-vitro-Fleisch“, das direkt aus Zellen landwirtschaftlicher Nutztiere hergestellt wird. Jedoch sind wesentliche wissenschaftliche Fragen zu klären, bevor Produkte aus zellbasierter Landwirtschaft als ethisch einwandfreie, gesunde und klimafreundliche Alternative zu herkömmlichem Fleisch in Deutschland und der EU vertrieben werden können.

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Die Wissenschaftlerin PD Dr. Monika Röntgen und ihr Team am Forschungsinstitut für Nutztierbiologie (FBN) möchten in dem gemeinsam mit Partnern gegründeten multidisziplinären Forschungskonsortium „CELLZERO Meat“ die bestehenden Wissenslücken schließen und nachhaltige Verfahrenslösungen entwickeln. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert das Projekt „CELLZERO Meat“ unter Federführung des FBN mit 1,19 Millionen Euro. Das Projekt wird in Übereinstimmung mit den in der „Nationalen Forschungsstrategie BioökonomieBioökonomieDer Begriff Bioökonomie (auch biobasierte Wirtschaft genannt), wie er in der gesellschaftlichen und politischen Diskussion genutzt wird, umfasst alle industriellen und wirtschaftlichen Sektoren und deren zugehörige Dienstleistungen, die biologische Ressourcen produzieren, ver- und bearbeiten oder diese in verschiedenen Formen nutzen.
(Quelle: https://www.pflanzenforschung.de/de/pflanzenwissen/lexikon-a-z)
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2030“ und der „Nationalen Politikstrategie BioökonomieBioökonomieDer Begriff Bioökonomie (auch biobasierte Wirtschaft genannt), wie er in der gesellschaftlichen und politischen Diskussion genutzt wird, umfasst alle industriellen und wirtschaftlichen Sektoren und deren zugehörige Dienstleistungen, die biologische Ressourcen produzieren, ver- und bearbeiten oder diese in verschiedenen Formen nutzen.
(Quelle: https://www.pflanzenforschung.de/de/pflanzenwissen/lexikon-a-z)
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“ dargelegten Zielen und Leitlinien der Bundesregierung durchgeführt.

„Wir haben starke Partner an unserer Seite und ganz neue Forschungsansätze“, betonte die Projektleiterin PD Dr. Monika Röntgen. Zum Forschungsverbund gehören das Leibniz-Institut für Plasmaforschung und Technologie e.V. in Greifswald (MV), die Hochschule Anhalt in Bernburg (Sachsen-Anhalt) sowie die PAN-Biotech GmbH in Aidenbach (Bayern).

Drei Hauptprobleme müssen gelöst werden

„Es gibt eine Reihe von ungelösten wissenschaftlichen Hürden, die eine Herstellung zellbasierter Fleischalternativen und damit auch die Entstehung eines Marktes bisher verzögert haben. Wir wollen einen Beitrag dazu leisten, diese zu überwinden“, so Röntgen. „Projektziel ist daher die Entwicklung eines Verfahrens, dass auf den Ergebnissen der eigenen Grundlagenforschung basiert. Im Fokus steht dabei, Alternativen für drei Hauptprobleme der zellbasierten Produktion von tierischem Protein zu finden und umzusetzen. Das betrifft den Einsatz von fötalem Kälberserum und Antibiotika in den für die Zellkultur genutzten Nährmedien sowie die Nutzung gentechnischer Verfahren“, sagte die Wissenschaftlerin.

Seit 2018 forscht das FBN unter Leitung von PD Dr. Monika Röntgen bereits zu zellbasiertem Fleisch. „Unsere langjährige Forschung zur Muskelentwicklung beim Schwein und zur Funktionalität muskulärer Stammzellen war die Basis der Projektidee zu CELLZERO Meat, die in einer bereits vom BMBF geförderten Sondierungsphase erfolgreich geprüft und weiterentwickelt wurde. In einer zweijährigen Machbarkeitsstudie, die im Juli 2022 startete, wird nun in einem innovativen Forschungsnetzwerk daran gearbeitet, wesentliche Verfahrensschritte praktisch umzusetzen.“

Hochspezialisierte Partner im Netzwerk

Das FBN-Team um PD Dr. Monika Röntgen ist für die zellbiologischen Aspekte des Verfahrens verantwortlich, welches ohne gentechnische Interventionen auskommt und alle Schritte von der Gewinnung des Ausgangsmaterials bis zum zellbasierten Produkt (Wurst bzw. geformtes Fleisch) umfasst. Durch die Partner an der Hochschule Anhalt wird parallel erforscht und untersucht, welche fleischtechnologischen, funktionellen und sensorischen Rohstoffeigenschaften für die Erzeugung eines schmackhaften und gesunden Lebensmittels aus tierischen Zellen erforderlich sind.

„Uns ist es wichtig, dass die benötigten Stammzellen ethisch vertretbar, das heißt nicht-invasiv und ohne Tötung oder Leid von Tieren, gewonnen werden können,“ unterstrich die Veterinärmedizinerin. Ersatzprodukte für fötales Kälberserum, das aus dem Blut ungeborener Kälber gewonnen wird, und neue Nährlösungen für die Zellkulturen werden in Zusammenarbeit mit dem bayerischen Unternehmen PAN-Biotech GmbH entwickelt. Damit während des gesamten Prozesses auf den Einsatz von Antibiotika verzichtet werden kann, wird am INP in Greifswald ein neues, rückstandsfreies Dekontaminationsverfahren auf Plasma-Basis entwickelt.

An der Hochschule Anhalt werden fleischtechnologische Verfahren erforscht. Das Zerkleinern und Mischen der Zutaten ist eine wesentliche Voraussetzung für die Wurstherstellung, hier mit dem Projektleiter der Hochschule Anhalt, Prof. Dr. Wolfram Schnäckel.
An der Hochschule Anhalt werden fleischtechnologische Verfahren erforscht. Das Zerkleinern und Mischen der Zutaten ist eine wesentliche Voraussetzung für die Wurstherstellung, hier mit dem Projektleiter der Hochschule Anhalt, Prof. Dr. Wolfram Schnäckel. © Hochschule Anhalt | Geue

Markteinführung im Fokus

„Die zellbasierte Fleischproduktion ist ein hochkomplexer und derzeit noch sehr kostenintensiver Prozess. Es müssen in multidisziplinärer Zusammenarbeit skalierbare Herstellungsverfahren und eigenständige Technologien entwickelt werden, die Lösungen für die biologischen Prozesse, aber auch für deren technische Umsetzung unter Beachtung von Nachhaltigkeits- und ethischen Aspekten beinhalten. Deshalb wird noch einige Zeit vergehen, bis Zellkulturfleisch auf unserer Speisekarte steht. Wir sind aber davon überzeugt, dass es möglich ist, wissenschaftlich fundierte und ethisch unbedenkliche Verfahren zu entwickeln. Denn an dem Fleisch der Zukunft führt angesichts der Welternährungslage kein Weg vorbei“, so die Wissenschaftlerin.

In spätestens zwei Jahren sollen die Ergebnisse des Forschungsverbundes präsentiert werden. Dann werden auch Themen wie Verwertbarkeit und Markteinführung eine entscheidende Rolle spielen.

Institution: Forschungsinstitut für Nutztierbiologie (FBN)
Ansprechpartner/in: Dr. Monika Röntgen

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