In Zusammenarbeit mit:

Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau (IGZ) & Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF)

Nachhaltigkeit in Agrarlandschaften messbar machen  

Agrar- und Gartenbautechnik Ernährungssicherheit Klimawandel Landwirtschaft 4.0 Ökosystemleistungen
Biodiversitätsverlust, Ressourcenverknappung, Klimawandel sowie eine zunehmende Nachfrage nach Nahrungsmitteln führen weltweit zu Zielkonflikten in der Landbewirtschaftung.
Biodiversitätsverlust, Ressourcenverknappung, Klimawandel sowie eine zunehmende Nachfrage nach Nahrungsmitteln führen weltweit zu Zielkonflikten in der Landbewirtschaftung. © Joe | Pixabay

Das Interviev führte: Julia Walter (IGZ)
Interview mit: Nahleen Lemke (ZALF)

Wie lassen sich landwirtschaftliche Systeme an den Klimawandel anpassen? An einer Antwort, die Naturschutz und Ernährungssicherheit miteinander versöhnt, arbeiten im Verbundprojekt DAKIS (Digital Agricultural Knowledge and Information System) über 50 Projektbeteiligte aus zehn Institutionen. Gemeinsam entwickeln sie ein digitales Wissens- und Informationssystem für die Landwirtschaft. Der Verbund DAKIS ist eines von acht Projekten in der Förderlinie »Agrarsysteme der Zukunft« des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Im Interview erklärt Projektmanagerin Nahleen Lemke vom Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) den Ansatz von DAKIS.

Nahleen Lemke ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) und Projektmanagerin des Konsortiums DAKIS von
Nahleen Lemke ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) und Projektmanagerin des Konsortiums DAKIS von "Agrarsysteme der Zukunft". © Julia Lidauer | ZALF

Auf welche Herausforderungen durch den Klimawandel reagiert die Forschung Ihres Konsortiums?

Unser Ziel ist es, landwirtschaftliche Systeme an die Auswirkungen des Klimawandels anzupassen. Überdüngung und Bodenerosion, Monokulturen und Artensterben sind nur einige der Problemfelder, mit denen wir es in der Landwirtschaft aktuell zu tun haben. Und all diese Probleme werden durch den Klimawandel und die Extremwetterereignisse, die dadurch häufiger auftreten, noch verschärft.

Gleichzeitig wissen wir alle, dass die Landwirtschaft nicht nur von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen ist, sondern auch stark zum Klimawandel beiträgt. Wir müssen insbesondere die Treibhausgas-Emissionen verringern.

Wie sieht die Lösung aus, an der Ihr Konsortium forscht?

Wir wollen eine digitale und wissensbasierte Landwirtschaft ermöglichen, die die Ziele des Umwelt- und Klimaschutz mit Ernährungssicherung und stabilen Einkommen der Produzentinnen und Produzenten in Einklang bringt.

Dafür entwickeln wir ein digitales Tool bzw. Werkzeug namens „DAKIS“, das Landwirtinnen und Landwirten bei ihren Entscheidungen unterstützt. In einem ersten Schritt haben wir mit Akteurinnen und Akteure aus der Landwirtschaft, der Wirtschaft, der Politik und der Forschung eine Vision für die Landwirtschaft im Jahr 2050 entwickelt.

Dann haben wir gefragt: Welche Anforderungen gibt es an ein technisches Tool, das den Weg dahin ebnet? Wir haben festgestellt, dass existierende Systeme zur Entscheidungsunterstützung agrarökologische Faktoren wie beispielsweise Erosionsschutz, Klima- und Wasserregulierung oder Kohlenstoffspeicherung nicht berücksichtigen. Das wollen wir mit DAKIS ändern, indem das System solche Daten einbezieht. Sie werden beispielsweise von intelligenten Sensoren im Boden oder von Satelliten bereitgestellt. Auf Basis dieser Daten und von Modellen schlägt das DAKIS konkrete Handlungsoptionen vor.

Mithilfe von agrarökonomischen Berechnungen soll die DAKIS-Software auch die wirtschaftlichen Effekte von Maßnahmen im Landwirtschaftsbetrieb beziffern: Was würde es beispielsweise bedeuten, eine Hecke als langfristiges Element in eine Agrarlandschaft zu integrieren? Oder eine kleinteilige Bewirtschaftung mit einer entsprechenden Fruchtfolge umzusetzen?

Das DAKIS hilft Landwirtinnen und Landwirten auch ganz grundsätzlich, die sehr komplexen Informationen zu verarbeiten, mit denen wir es in der modernen Landwirtschaft immer zu tun haben. Die Anwendung kann zum Beispiel je nach Bedarf sich schnell ändernde Marktpreise, Subventionen und langfristig auch Kohlenstoffzertifikate berücksichtigen.

Von welchen gesellschaftlichen Faktoren hängt es ab, ob diese Lösung funktioniert? Was muss sich politisch und gesellschaftlich tun?

Wir sehen im Moment noch einen ganz starken Fokus auf eine produktionsorientierte Landwirtschaft. Die Landwirtinnen und Landwirte, die wir in unseren partizipativen Prozess einbezogen haben, verstehen sich zwar selbstverständlich als „Stewards of Land“ – also als Landbewirtschafterinnen und -bewirtschafter, die die natürlichen Ressourcen langfristig erhalten wollen. Was aber politisch nicht gefördert wird, ist schwer betriebswirtschaftlich sinnvoll in die Praxis umzusetzen. Wir brauchen hier gezielte Förderinstrumente im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU sowie auf nationaler Ebene.

Das DAKIS soll zukünftig außerdem nicht nur von Landwirtinnen und Landwirten eingesetzt werden, sondern von verschiedenen gesellschaftlichen Akteuren, die Agrarlandschaften nachhaltig mitgestalten möchten. Dafür müssen zum Beispiel Politik und Industrie ihre Bereitschaft signalisieren.

Wie werden die Ergebnisse Ihrer Forschung den Alltag der Menschen verändern?

Wir wissen, dass Verbraucherinnen und Verbraucher schon heute bereit sind für Agrarprodukte, die die Biodiversität erhalten, mehr zu zahlen. Oft fehlt allerdings die Transparenz von Produktionsbedingungen für Verbraucherinnen und Verbraucher. Das kann die Digitalisierung verändern. Indem ein digitales Tool wie das DAKIS Produktionsbedingungen potenziell rückverfolgbar macht, kann es Landwirtschaft und Verbraucherinnen und Verbraucher näher zusammenbringen und das Vertrauen in die Landwirtschaft stärken. Auch hier sind übrigens die passenden rechtlichen Rahmenbedingungen für den Einsatz der technischen Innovationen nötig, wenn wir beispielsweise an Tracking- oder Blockchain-Technologien denken.

Das Konsortium DAKIS entwickelt ein digitales Wissens- und Informationssystem für die Landwirtschaft und möchte Ökosystemleistungen einen Wert geben.

Weiterführende Informationen

»Agrarsysteme der Zukunft« ist eine Fördermaßnahme des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), in der acht inter- und transdisziplinäre Konsortien innovative Ansätze in der Agrarwirtschaft erforschen und erproben. Gemeinsam verfolgen sie das Ziel einer Transformation der Agrarwirtschaft im Sinne der BioökonomieBioökonomieDer Begriff Bioökonomie (auch biobasierte Wirtschaft genannt), wie er in der gesellschaftlichen und politischen Diskussion genutzt wird, umfasst alle industriellen und wirtschaftlichen Sektoren und deren zugehörige Dienstleistungen, die biologische Ressourcen produzieren, ver- und bearbeiten oder diese in verschiedenen Formen nutzen.
(Quelle: https://www.pflanzenforschung.de/de/pflanzenwissen/lexikon-a-z)
Mehr Infos
. Die Koordinierungsstelle von »Agrarsysteme der Zukunft« ist am Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau (IGZ) und am Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) angesiedelt.

Projektpartner

  • Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) e.V.
  • Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
  • Forschungszentrum Jülich
  • Leibniz-Institut für innovative Mikroelektronik (IHP)
  • Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI)
  • Hochschule Osnabrück
  • Hochschule für Nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE)
  • Leibniz-Institut für Agrartechnik und BioökonomieBioökonomieDer Begriff Bioökonomie (auch biobasierte Wirtschaft genannt), wie er in der gesellschaftlichen und politischen Diskussion genutzt wird, umfasst alle industriellen und wirtschaftlichen Sektoren und deren zugehörige Dienstleistungen, die biologische Ressourcen produzieren, ver- und bearbeiten oder diese in verschiedenen Formen nutzen.
    (Quelle: https://www.pflanzenforschung.de/de/pflanzenwissen/lexikon-a-z)
    Mehr Infos
    (ATB)
  • Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung (FH ISI)
  • Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder)
Institution: Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau (IGZ) & Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF)
Ansprechpartner/in: Prof. Sonoko Dorothea Bellingrath-Kimura, Nahleen Lemke (ZALF)

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