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Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF)

Wie sieht die Landwirtschaft der Zukunft aus?  

Ernährungssicherheit Klimawandel Landwirtschaft Landwirtschaft 4.0 Umweltschutz
Der Sektor Agrarwirtschaft muss nachhaltiger, klimafreundlicher und allgemein zukunftsfähiger werden.
© Yulian Alexeyev | Unsplash

Text: LEA GREMINGER

Transformation durch Ernährungswende, Digitalisierung und Diversifizierung in der Agrarwirtschaft.

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Es wird immer deutlicher, dass sich Deutschlands Agrarwirtschaft verändern muss: Die Landwirtschaft ist nicht krisenresistent – Dürren und Überflutungen gefährden immer wieder die Ernte und der Krieg gegen die Ukraine führt akut weltweit zu einer Ernährungskrise. Zugleich trägt die aktuelle Agrarwirtschaft zu Biodiversitätsverlust und Klimawandel bei. Die Wissenschaft ist sich daher einig: Der Sektor muss nachhaltiger, klimafreundlicher und allgemein zukunftsfähiger werden.

Anlässlich der aktuellen Krise fordern Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in einem offenen Brief eine Transformation des Ernährungssystems. Ihre Forderungen: Lebensmittelabfälle und den Fleischkonsum verringern, denn dadurch lassen sich CO2 Emissionen einsparen. Und das für Tierfutter produzierte Soja, welches zu Abholzungen im Regenwald führt, soll für die menschliche Versorgung verwendet werden.

Nutzung von tierischen Produkten und Haltung von Tieren

„Die Nutzung von tierischen Produkten per se ist nicht schlecht. Problematisch sind die intensive Haltung der Tiere, Kraftfutter-Importe aus z.B. Südamerika und der Massenkonsum von Fleisch“, sagt Prof. Dr. Sonoko Dorothea Bellingrath-Kimura, Agrarwissenschaftlerin am Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF). Die Tierhaltung müsse angepasst werden, damit sie nachhaltig sein kann: „Wenn sich Wiederkäuer auf Grünlandflächen extensiv gehalten werden und von Gras ernähren, das Menschen nicht verdauen können, bleiben die Böden unbearbeitet, sodass Kohlenstoff gespeichert und Biodiversität gefördert wird“, so Bellingrath-Kimura.

Eines der zentralen Probleme der aktuellen Agrarwirtschaft liegt laut Bellingrath-Kimura in der Zielsetzung: „Dadurch, dass alles auf einen möglichst hohen Ertrag und den ökonomischen Gewinn fokussiert wird, werden zahlreiche andere Probleme verursacht.“ Andere wichtige Aspekte werden vernachlässigt: Nährstoffkreisläufe, Treibhausgasemissionen, Biodiversität, Grundwasser- und Bodenschutz. Aber auch die hätten einen beträchtlichen Wert für Landwirtschaft und Gesellschaft. Damit auch diese Ökosystemleistungen in der Landwirtschaft berücksichtigt werden, muss ihnen ein ökonomischer Wert zugesprochen werden. Das wird als Inwertsetzung bezeichnet. In der Agrarwirtschaft würde das bedeuten durch Anreize wie Prämien Maßnahmen zu belohnen, die beispielsweise zu mehr Biodiversität führen.

Maßnahmen und ihre Effekte auf Biodiversität und Nachhaltigkeit

„Gleiche Maßnahmen können aber unterschiedliche Effekte auf Biodiversität und Nachhaltigkeit haben, je nachdem welche Eigenschaften der Boden aufweist, wie der Standort ist und die Witterung verläuft“, erklärt die Agrarwissenschaftlerin. Deshalb seien in der Landwirtschaft standort- und auch zeitspezifische Maßnahmen so wichtig. Um mithilfe der spezifisch besten Maßnahme möglichst nachhaltig zu Landwirtschaften, muss erstmal eine Vielzahl an Daten gesammelt werden: Bodenzustände, Klimabedingungen, Wetterverläufe. „Die Landwirtschaft ist eine der Daten intensivsten Bereiche“, sagt Bellingrath-Kimura.

Digitalisierung kann helfen Prozesse in der Landwirtschaft besser zu organisieren. Bereits heute kommen verschiedene digitale Technologien zum Einsatz: autonome Lenksysteme in Traktoren, Flächenmonitoring durch Satellitendaten, automatische Melkroboter, Drohnen zum Wildtierschutz (Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft). Zukünftig könnte das weiter ausgebaut werden, um die in der Landwirtschaft häufig komplexen Entscheidungen durch digitale Informationen zu erleichtern. „Dadurch können Standortpotenziale besser genutzt werden, anstatt immer mehr einheitliche Betriebe mit den gleichen Pflanzenkulturen vorzufinden“, so Bellingrath-Kimura.

Ein wichtiger Schritt sei Diversifizierung. Wenn Agrarbetriebe mehr Vielfalt auf ihren Äckern zuließen, führe das zum einen zu mehr Biodiversität, zum anderen werde die Landwirtschaft resilienter gegenüber Klimaereignissen wie Dürren und Überschwemmungen. Auch die Ernährungssicherung profitiere: „Wenn die Anbausysteme diverser gestaltet sind und beispielsweise verschiedene Sortenmischungen enthalten, übersteht in kritischen Zeiten zumindest ein Teil des Ertrags. Eine gesicherte Grundbasis ist vorhanden“, erklärt Bellingrath-Kimura. Landwirtschaftliche Felder müssten zukünftig aus verschiedenen Bereichen aufgebaut sein, die jeweils die für den Boden optimale Art anbauen.

Nur der gezielte Einsatz digitaler Technologien schafft Vorteile

Mit den zahlreichen Vorteilen der Digitalisierung sind aber auch einige Risiken verbunden. Dabei spielt erneut die Zielsetzung eine entscheidende Rolle. „Man darf nicht für höhere Erträge alle möglichen Maßnahmen mit digitalen Technologien durchführen, die schließlich Biodiversität und Böden gefährden“, so Bellingrath-Kimura. „Nur wenn das Ziel klar definiert ist, kann die Technologie gut eingesetzt werden. Sonst kann das zu negativen Effekten führen, die sich klimaschädlich auswirken.“

Es sei wichtig, die Nutzung neuer Technologien sowie Veränderungen der Landwirtschaft für mehr Nachhaltigkeit mit den Menschen zusammen zu denken. „Schließlich soll Digitalisierung die Arbeit der Menschen unterstützend erleichtern und nicht ersetzen“, so Bellingrath-Kimura. „Man kann nicht von heute auf morgen ein neues Agrarsystem schaffen. Die Leute, vor allem Landwirte, müssen mitgenommen werden, es muss mit ihnen zusammen entwickelt werden.“

Erschien zuerst im/auf: Projekt die Debatte
Institution: Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF)
Ansprechpartner/in: Prof. Dr. Sonoko Dorothea Bellingrath-Kimura

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