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Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB)

Wasserverschmutzung in Europa: Forschende empfehlen besseres Monitoring und Management  

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Binnengewässer gehören zu den am stärksten bedrohten Ökosystemen in Europa. Sie sind vielen Belastungen ausgesetzt, insbesondere auch der Verschmutzung mit Chemikalien, denn viele anthropogene Stoffe können Kläranlagen passieren, ohne herausgefiltert zu werden.
Binnengewässer gehören zu den am stärksten bedrohten Ökosystemen in Europa. Sie sind vielen Belastungen ausgesetzt, insbesondere auch der Verschmutzung mit Chemikalien, denn viele anthropogene Stoffe können Kläranlagen passieren, ohne herausgefiltert zu werden. © Lisa Fotios | Pexels

Text: JOHANNES GRAUPNER

IGB gibt Feedback zur möglichen Überarbeitung der EU-Liste der Schadstoffe, die Oberflächen- und Grundwasser beeinträchtigen: Die Europäische Kommission hat kürzlich eine Konsultation zur Folgenabschätzung einer möglichen Überarbeitung der Listen von Schadstoffen, die sich auf Oberflächen- und Grundwasser auswirken sowie der entsprechenden Regulierungsstandards in den Umweltqualitätsnormen (UQN), der Grundwasserrichtlinie (GWRL) und der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) durchgeführt. Neben der Beantwortung der öffentlichen Online-Konsultation und der Expertenbefragung stellen Forschende des IGB zusätzliche Informationen zu den potenziellen Effekten anthropogener Stoffe bereit und geben evidenzbasierte Empfehlungen für eine nachhaltige Politikgestaltung und ein entsprechendes Monitoring.

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Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler betonen, dass intakte aquatische Ökosysteme die Grundlage für die lebensnotwendige Ressource Wasser sind und zugleich eine einzigartige biologische Vielfalt beherbergen. Flüsse, Seen, Teiche, Feuchtgebiete und Grundwasser gehören jedoch zu den am stärksten bedrohten Ökosystemen in Europa. Der schlechte chemische und ökologische Zustand vieler Wasserkörper ist auf verschiedene Belastungen zurückzuführen, darunter Übernutzung und Verschmutzung durch vielfältige menschliche Aktivitäten. Die Ausarbeitung von Rechtsvorschriften zum Schutz unserer Binnengewässer, die Ökosystemleistungen wie sauberes Trinkwasser, natürlichen Hochwasserschutz, Fischereiressourcen, Erholungsräume und Schadstoffrückhalt gewährleisten, wird für die Lebensgrundlage der Menschen in Europa in den kommenden Jahrzehnten von entscheidender Bedeutung sein.

Für die Neubewertung von Regulierungsstandards in den UQN, der GWRL und der WRRL haben die IGB-Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die folgenden entscheidenden Aspekte identifiziert:

Stärkung der EU-Gesetzgebung

Eine erfolgreiche Reduzierung und Beseitigung der Umwelt- und Gewässerverschmutzung erfordert durchsetzungsfähige nationale Umweltgesetze und -vorschriften. Diese müssen durch eine starke und eindeutige Gesetzgebung auf EU-Ebene angeregt, unterstützt und durchgesetzt werden, auch um Umweltstandards und Grenzwerte zwischen den Mitgliedsstaaten zu harmonisieren.

Vorsorge- und Verursacherprinzip

Der Schlüssel zur Vermeidung neuer und zur Eindämmung bestehender Umweltverschmutzungen liegt in der Minimierung und/oder Beseitigung der Schadstoffemissionen bereits an der Quelle. Es gibt keine ökologische und/oder gesellschaftliche Rechtfertigung dafür, die potenzielle Zerstörung aquatischer Ökosysteme in Kauf zu nehmen und die Anstrengungen und Kosten der Schadstoffbeseitigung nur flussabwärts zu verlagern. Industrielle Verursacher müssen selbst die Verantwortung für ihre jeweiligen Emissionen übernehmen. Daher sollte das Verursacherprinzip in allen relevanten Bereichen konsequent umgesetzt werden.

Persistente, mobile und toxische Stoffe in Oberflächengewässern und Grundwasserkörpern

Jüngste Fortschritte bei den Analysetechniken zeigen das Vorkommen von bisher übersehenen, hochmobilen organischen Verbindungen in der aquatischen Umwelt, von denen viele persistent und potenziell toxisch sind oder in unerwünschte, gefährliche Metabolite und/oder Nebenprodukte umgewandelt werden können. Diese Stoffe werden bei der Trinkwassergewinnung möglicherweise nicht vollständig entfernt und sollten daher nicht in Trinkwasserressourcen wie Oberflächengewässer und Grundwasser gelangen.

Flexible und zeitnahe Anpassung der Liste prioritärer Stoffe und der Beobachtungslisten

In Anbetracht der raschen analytischen Fortschritte und der schnell zunehmenden wissenschaftlichen Erkenntnisse über das Vorkommen hunderter organischer Schadstoffe und ihrer Umwandlungsprodukte sind Strategien für eine zeitnähere und flexiblere Aktualisierung sowohl der Beobachtungslisten für Oberflächengewässer und Grundwasser als auch der Liste prioritärer Stoffe erforderlich. Da sich aber die Anzahl der potentiell gefährlichen Stoffe, für die eine EU-weite Überwachung notwendig wäre, durch dynamische Entwicklungen erhöhen kann, sollte die Beobachtungsliste nicht auf eine Höchstzahl von 14 Stoffen oder Stoffgruppen beschränkt werden.

Open-Data-Strategie für eine faktengestützte Entscheidungsfindung

Zur Unterstützung einer evidenzbasierten und effizienten Entscheidungsfindung sollten Schadstoff- und Wasserqualitätsdaten aus Oberflächenwasser- und Grundwasserkörpern, die im Rahmen von öffentlich finanzierten Überwachungsprogrammen in den EU-Mitgliedsstaaten erhoben werden, idealerweise in offenen und zugänglichen Repositorien abrufbar sein. Diese Datensätze sollten nicht nur Gesamtgrößen (z.B. Jahresmittelwerte), sondern auch die verfügbare zeitliche Auflösung enthalten und durch angemessene Metainformationen (wie eine Dokumentation der Probenahme- und Analysemethoden) ergänzt werden.

In ihrer Schlussfolgerung betonen die Forschenden, dass dringend eine verbesserte EU-Politik erforderlich ist, um die Nachhaltigkeit in der Wasserwirtschaft zu erhöhen und die aktuellen Praktiken zu verbessern, insbesondere im Hinblick auf die Null-Schadstoff-Ziele im europäischen Green Deal. Dazu gehört explizit auch die Überarbeitung der Liste der Schadstoffe, die das Grund- und Oberflächenwasser belasten.

Institution: Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB)
Ansprechpartner/in: Dr. Stephanie Spahr & Dr. Tobias Goldhammer

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