In Zusammenarbeit mit:

Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB)

Bakteriengemeinschaften in städtischem Wasser zeigen „Signaturen der Verstädterung“  

Gesundheit Gewässer
Die Bakteriengemeinschaften in städtischen Gewässern und Abwässern in Berlin unterscheiden sich deutlich von denen ländlicher Seen in den umliegenden Regionen, wie dem Stechlinsee.
Die Bakteriengemeinschaften in städtischen Gewässern und Abwässern in Berlin unterscheiden sich deutlich von denen ländlicher Seen in den umliegenden Regionen, wie dem Stechlinsee. © Solvin Zankl

Text: JAN ZWILLING | IZW

Gemeinschaften von Bakterienarten (Mikrobiome) sind in einer bestimmten Umgebung oft stabil und gut an sie angepasst, sei es in der menschlichen Mundhöhle oder in einem See. Der Mensch verändert naturnahe Lebensräume immer schneller – im Zuge der Verstädterung insbesondere Städte und ihr Umland. Ein Team unter Leitung des IGB und des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW) untersuchte nun im Rahmen des Leibniz-Forschungsverbundes „Infektionen“ Bakteriengemeinschaften in städtischen Gewässern und Abwässern in Berlin und verglichen sie mit Gemeinschaften aus weniger vom Menschen beeinflussten Seen aus dem ländlichen Umland. Die Ergebnisse zeigen, dass die Verstädterung große Mengen an Nährstoffen, chemischen Schadstoffen und antimikrobiellen Produkten in Gewässer verbringt und dadurch die Zusammensetzung des Mikrobioms zugunsten von Bakteriengruppen verändert, die humanpathogene Bakterien enthalten – mit noch unbekannten Folgen für die Funktion der Lebensräume und für die Gesundheit von Mensch und Tier.

Für diejenigen, die lieber hören, statt lesen

Download

Ob in der Achselhöhle, im Gartenboden oder im Wasser – fast jeder Ort auf der Erde hat eine natürliche bakterielle Gemeinschaft. Indem der Mensch seine Umwelt verändert, verändert er auch die bakterielle Zusammensetzung nahezu aller Ökosysteme: Er schafft neue Bedingungen, die einige Bakteriengruppen gegenüber anderen begünstigen. In einer Untersuchung analysierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von IGB und Leibniz-IZW zusammen mit Kolleginnen und Kollegen aus dem Leibniz-Forschungsverbund „Infections“ diese mit der Verstädterung verbundenen Veränderungen in der Bakterienzusammensetzung und zeigten, dass sich die Bakteriengemeinschaften in städtischen Gewässern und Abwässern in Berlin deutlich von denen ländlicher Seen in den umliegenden Regionen der Bundesländer Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern unterscheiden.

Darüber hinaus werden durch die Verstädterung nicht nur menschliche Bakterien eingeführt („Humanisierung“), sondern auch übermäßige Mengen an Nährstoffen („EutrophierungEutrophierungEutrophierung bezeichnet die Anreicherung von Nährstoffen in einem Ökosystem oder Ökosystemteil, z.B. Gewässern.
(Quelle: https://www.pflanzenforschung.de/de/pflanzenwissen/lexikon-a-z)
Mehr Infos
“), chemischen Schadstoffen und antimikrobiellen Produkten wie Antibiotika. Diese komplexen Veränderungen begünstigen bestimmte Bakterien gegenüber anderen drastisch und können die Zusammensetzung und die Funktion des MikrobiomMikrobiomGesamtheit aller Mikroorganismen (mikrobielle Gemeinschaft) eines spezifischen Lebensraums.
(Quelle: https://www.pflanzenforschung.de/de/pflanzenwissen/lexikon-a-z)
Mehr Infos
s erheblich verändern.

„Wir wollten wissen, ob städtisches Wasser ‚Signaturen der Verstädterung‘ aufweist, die Vorhersagen über das Auftreten bestimmter Bakterienstämme in einer mikrobiellen Gemeinschaft innerhalb von Städten zulassen“, sagt Prof. Hans Peter Grossart vom IGB, einer der Hauptautoren der Publikation. Die Ergebnisse zeigen, dass mehrere Bakteriengruppen in städtischen Gewässern angereichert sind, wobei die meisten anthropogenen Bakterienstämme in den Zu- und Abflüssen einer Kläranlage gefunden wurden, was auf eine „Humanisierung“ des MikrobiomMikrobiomGesamtheit aller Mikroorganismen (mikrobielle Gemeinschaft) eines spezifischen Lebensraums.
(Quelle: https://www.pflanzenforschung.de/de/pflanzenwissen/lexikon-a-z)
Mehr Infos
s städtischer Seen und Fließgewässer hinweist.

„Überraschenderweise sind die angereicherten Bakteriengruppen in städtischen Umgebungen diejenigen, die häufig pathogene Arten enthalten. Das deutet darauf hin, dass ein Krankheitserreger, wenn er in eine solche Umgebung gelangt, ein sehr günstiges Umfeld vorfindet, in dem er wachsen kann“, sagt Prof. Alex Greenwood, Leiter der Leibniz-IZW-Abteilung für Wildtierkrankheiten und einer der Hauptautoren des Aufsatzes. Dies könne möglicherweise zu Ausbrüchen in solchen Umgebungen führen. Dies steht im Gegensatz zu ländlichen Gewässern, die eher ungünstige Bedingungen für Krankheitserreger bieten.

Die Autorinnen und Autoren schließen aus ihrer Untersuchung, dass die Reinhaltung und Aufbereitung des städtischen Wassers in der Zukunft stärker auf Bakteriengemeinschaften und das MikrobiomMikrobiomGesamtheit aller Mikroorganismen (mikrobielle Gemeinschaft) eines spezifischen Lebensraums.
(Quelle: https://www.pflanzenforschung.de/de/pflanzenwissen/lexikon-a-z)
Mehr Infos
ausgerichtet werden müsse, um wieder natürlichere Wasserökosysteme zu schaffen. Dies werde zunehmend wichtiger und zugleich schwieriger werden, da durch den Klimawandel viele städtische Gebiete trockener und nährstoffreicher werden, wodurch sich die Bakteriengemeinschaften in städtischem Wasser noch extremer ändern werden. Dies könnte tiefgreifende Auswirkungen auf die Gesundheit von Menschen und Tieren haben, da das Risiko einer Kontamination mit Krankheitserregern steigt.

Weiterführende Informationen

Die Original-Publikation erschien in der Fachzeitschrift „Science of the Total Environment“: Daniela Numberger, Luca Zoccarato, Jason Woodhouse, Lars Ganzert, Sascha Sauer, Jaime Ricardo García Márquez, Sami Domisch, Hans-Peter Grossart, Alex D. Greenwood (2022): Urbanization promotes specific bacteria in freshwater microbiomes including potential pathogens, Science of The Total Environment, Volume 845, 2022, 157321, ISSN 0048-9697, https://doi.org/10.1016/j.scitotenv.2022.157321.

Institution: Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB)
Ansprechpartner/in: Prof. Dr. Hans-Peter Grossart

Kommentieren

Newsletter abonnieren

Vier- bis sechsmal jährlich informieren wir über Fakten, News und Ideen rund um die Landwirtschaft der Zukunft.