In Zusammenarbeit mit:

Forschungsinstitut für Nutztierbiologie (FBN)

Der intelligente Stall: “Kuhtracking”  

Klimawandel Landwirtschaft Tierwohl
© FBN

Text: ISABEL HABERKORN

Ein smarter Stall, in dem Bewegungsprofile der Tiere aufgezeichnet werden, um daraus Rückschlüsse auf ihr Verhalten und ihr Wohlbefinden zu ziehen? Die Idee ist nicht neu, aber nun ist es Dr. Nina Melzer vom Forschungsinstitut für Nutztierbiologie (FBN) gelungen, erstmals zu zeigen, wie relevant eine exakte Kalibrierung für ein Echtzeit-Ortungssystem ist und welche Auswirkungen diese auf spezifische Analysen hat. Warum ist das so aufregend?

Für diejenigen, die lieber hören, statt lesen

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„Weil wir nun detaillierte Handlungsempfehlungen für die Installation und Validierung des Echtzeit-Ortungssystems (RTLS) erarbeitet haben“, erklärt Dr. Nina Melzer, „Das eröffnet nicht nur uns Forschenden neue Möglichkeiten, sondern hilft auch Landwirtinnen und Landwirten dabei, ein verbessertes Stallmanagement zu betreiben, in dem das Tierwohl im Vordergrund steht.“ Aber wie funktioniert so ein Echtzeit-Ortungssystem?

Im Stall werden Antennen installiert. Diese kommunizieren mit sogenannten Tags, die an Halsbändern der Kühe befestigt sind. © Nina Melzer
Im Stall werden Antennen installiert. Diese kommunizieren mit sogenannten Tags, die an Halsbändern der Kühe befestigt sind. © Nina Melzer | FBN

Im Stall werden Antennen installiert. Diese kommunizieren mit sogenannten Tags, die an Halsbändern der Kühe befestigt sind. Zusätzlich befinden sich stationäre Tags an ausgewählten Stellen innerhalb des Stalls, um die Qualität der Daten zu überwachen. Die Tags liefern die Position der Tiere im Stall, hier gilt je genauer das System ausgemessen ist, umso exaktere Positionsdaten werden erhalten. Wir empfehlen, den Stall vorher mittels professioneller Vermessungstechnik ausmessen zu lassen. Der Unterschied in der Genauigkeit der Ergebnisse, verglichen mit einer sonst üblichen Laserdistanzmessung, ist verblüffend (s. folgende Abbildung).

Darüber hinaus benötigen die gewonnenen Daten nun weniger Aufbereitungsschritte. Anschließend wurden die Daten entsprechenden Stallzonen zugeordnet, in denen sich die Tiere bewegen, in diesem Fall Milchkühe – beispielsweise einer Liegezone, einer Futterzone oder auch einer Zone für die Rückenbürste. Zudem haben wir evaluiert, inwieweit die aufbereiteten RTLS-Daten zur Bestimmung des nächsten Nachbarn in spezifischen Funktionsbereichen verwendet werden können. Hier haben wir einen distanzbasierten Ansatz mit unserem Zonenansatz verglichen. Der Zonenansatz hat den Vorteil, dass kein geeigneter Schwellenwert für den Abstand bestimmt werden muss und er somit einfach anwendbar und praxisorientiert ist.

RTLS-Messungen des Aufenthaltsortes für alle Tiere der Gruppe über einen Tag. Die Kalibrierung erfolgte unter Verwendung A) Laserdistanzmesser und B) professioneller Vermessungstechnik. Zonen: 1) Liegeboxen, 2) Laufgang und 3) Wasser und Fressbereich. © FBN
RTLS-Messungen des Aufenthaltsortes für alle Tiere der Gruppe über einen Tag. Die Kalibrierung erfolgte unter Verwendung A) Laserdistanzmesser und B) professioneller Vermessungstechnik. Zonen: 1) Liegeboxen, 2) Laufgang und 3) Wasser und Fressbereich. © FBN

Beobachtungen von Bewegungsmustern führen zu besseren Haltungsbedingungen

Die Ergebnisse dieser Messungen zeigen, wo sich die Kühe bevorzugt aufhalten, welche Wege sie zurücklegen, wie lange sie mit der Futteraufnahme beschäftigt sind oder wie viele Stunden sie in ihren Liegeboxen verbringen. Aufgrund dieser Beobachtungen können Landwirtinnen und Landwirte Rückschlüsse auf die Gesundheit und das Wohlbefinden ihrer Tiere ziehen und ihre Haltungsbedingungen anpassen. Ein exakteres RTLS macht aber noch weitere Beobachtungen möglich, beispielsweise ob es Tiere gibt, die sich bevorzugt gemeinsam in verschiedenen Zonen aufhalten. Kann dies ein Indiz dafür sein, dass Kühe „Freundschaften“ schließen und wenn ja, wie stabil sind sie? Dies soll nun in einem Folgeprojekt herausgefunden werden.

Neue Rückschlüsse auf das Sozialverhalten von Kühen

„Am Sozialverhalten der Tiere lassen sich wichtige Informationen zu ihrem Wohlbefinden und ihrer Gesundheit ablesen“, erklärt Dr. Jan Langbein. „Wenn wir herausfinden, welche Milchkühe „freundschaftliche“ Beziehungen unterhalten, kann das beim Herdenmanagement berücksichtigt werden.“ Ein Vorgang, wo das Wissen über freundschaftliche Beziehungen relevant ist, ist beispielsweise die Neu- oder Umgruppierung von Tieren. Werden Gruppen neu zusammengestellt, kann die Anwesenheit bekannter oder befreundeter Kühe soziale Unterstützung bieten und somit das Stresslevel verringern, was wiederum die Gesundheit und Produktivität der Tiere fördert.

Weiterführende Informationen

Die Studie zur verbesserten Messgenauigkeit des RTLS wurde vom BMBF gefördert und unter der Projektleitung von Dr. Nina Melzer vom Institut für Genetik und Biometrie des FBN im Fachjournal „Computers and Electronics in Agriculture publiziert:https://doi.org/10.1016/j.compag.2021.106280.

Erschien zuerst im/auf: qurFELDein
Institution: Forschungsinstitut für Nutztierbiologie (FBN)
Ansprechpartner/in: Dr. Nina Melzer

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