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Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie (ATB)

Der Miststreuer – ein Superspreader?  

Bodenfruchtbarkeit Dünger Gesundheit Landwirtschaft
Feinstaubwolke bei der Ausbringung von Hühnerkot © Stollberg | ATB
Feinstaubwolke bei der Ausbringung von Hühnerkot © Stollberg | ATB

Text: Pressestelle des ATB

Erstmals hat ein Forschungsteam untersucht, inwieweit Feinstaub eine Quelle für die Ausbreitung pathogener oder antibiotikaresistenter Keime sein kann, wenn kontaminierter Stallmist aus der Geflügel- und Schweinehaltung auf landwirtschaftliche Felder ausgebracht wird. Die Ergebnisse aus dem Projekt SOARiAL wurden im Fachblatt „Environment International“ veröffentlicht.

Hörbeitrag

Für diejenigen, die lieber hören, statt lesen.

Ein Klassiker der Kreislaufwirtschaft ist es, den Wirtschaftsdünger aus der Tierhaltung zurück auf‘s Feld zu bringen: Die im Stallmist oder in der Gülle enthaltenen Nährstoffe und organische Substanz erhalten die Bodenfruchtbarkeit und nutzen dem pflanzlichen Wachstum. Allerdings könnten aufgrund des noch immer umfangreichen Einsatzes von Antibiotika in der konventionellen Tierhaltung mit dem Dung auch antibiotikaresistente Bakterien und weitere Pathogene verbreitet werden. Die bei der Dungausbringung teils in großen Wolken emittierten Feinstaubpartikel können die menschliche Gesundheit belasten. Insbesondere sehr kleine Partikel (Durchmesser < 10 μm) werden über die Atemwege leicht aufgenommen. Zudem können die Partikel als Trägerstoffe für potentielle Krankheitserreger bzw. antibiotikaresistente Bakterien fungieren.

„Wir haben uns gefragt, inwieweit sich Pathogene über die windgetriebene Emission von Feinstaubpartikeln auf Feldern verbreiten können und wie überlebensfähig die Mikroorganismen dabei sind,“ beschreibt Dr. Tina Kabelitz vom Leibniz-Institut für Agrartechnik und BioökonomieBioökonomieDer Begriff Bioökonomie (auch biobasierte Wirtschaft genannt), wie er in der gesellschaftlichen und politischen Diskussion genutzt wird, umfasst alle industriellen und wirtschaftlichen Sektoren und deren zugehörige Dienstleistungen, die biologische Ressourcen produzieren, ver- und bearbeiten oder diese in verschiedenen Formen nutzen.
(Quelle: https://www.pflanzenforschung.de/de/pflanzenwissen/lexikon-a-z)
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die Forschungsaufgabe, und ergänzt: „Letztlich geht es darum, die Aerosol-Emissionen und damit auch die Ausbreitung antibiotikaresistenter Bakterien in der Praxis weitestgehend zu reduzieren.“

Mit Hilfe von Windkanaluntersuchungen hat das Forscherteam die physikalischen Ausbreitungsprozesse von Partikeln gemessen. Untersucht wurde auch, inwieweit der Wassergehalt des Dungs (angegeben als Trockensubstanzgehalt), Vorbehandlungen wie Lagerung, Kompostierung oder Trocknung und die tierartspezifischen Dungeigenschaften einen Einfluss auf die Feinstaubkonzentration und -eigenschaft sowie auf die Vitalität der Mikroorganismen haben.

Die Ergebnisse zeigten, dass Feinstaubkonzentrationen mit einem großen Anteil kleiner Partikel umso stärker auftreten, je trockener das Substrat bei der Ausbringung ist. Allerdings sinkt dabei die Überlebenschance für Pathogene: Im getrockneten Dung und daraus resultierendem Feinstaub waren die pathogenen und antibiotikaresistenten Mikroorganismen im Vergleich zu frischen Proben deutlich reduziert.

Das Potenzial, Feinstaub bestimmter Partikelgröße zu bilden, ist abhängig von den physikalischen und chemischen Eigenschaften des Dungs, die wiederum durch Tierart, Alter der Tiere, Haltungsform und Fütterung bestimmt werden. Für Geflügelmist lag der kritische Wert, ab dem verstärkt inhalierbare Feinstaubpartikel < 10 μm freigesetzt werden, bei 60%, für Schweinemist bei 80% Trockensubstanzgehalt.

Ferkelhaltung auf Stroh © Stollberg | ATB
Ferkelhaltung auf Stroh © Stollberg | ATB

„Ein hoher Trockensubstanzgehalt des Dungs verringert die Belastung durch Pathogene, verursacht aber eine erhöhte Menge an Feinstaub-Emissionen und umgekehrt. Letztlich geht es darum, einen Kompromiss zu finden, der gesundheitliche Risiken bei der Ausbringung von Wirtschaftsdüngern bestmöglich reduziert“, räumt Tina Kabelitz ein.

Fasst man die Ergebnisse der Feinstaub-Emissionsmessungen und mikrobiologischen Analysen zusammen, lässt sich ein optimales Intervall für den Trockensubstanzgehalt definieren. Bei Geflügelmist, der von Natur aus einen Trockensubstanzgehalt von ca. 65% aufweist, liegt dieser optimale Bereich zwischen 55% und 70%, während er für Schweinedung zwischen 75% und 85% liegt. Schweinedung ist mit 20% Trockensubstanzgehalt von Natur aus deutlich feuchter als Geflügelmist und emittiert insgesamt größere und schwerere Partikel, die schneller zu Boden sinken und sich damit weniger stark ausbreiten. Allerdings überleben im feuchten Substrat auch deutlich mehr Mikroorganismen. Schweinedung müsste demnach auf etwa 75% bis 85% Trockensubstanzgehalt heruntergetrocknet werden, um eine deutliche Reduktion von krankheitsgefährdenden und antibiotikaresistenten Keimen zu erzielen.

Die Trocknung von mikrobiell belasteten Wirtschaftsdüngern ist derzeit in der Praxis jedoch kaum üblich „Die Technik dafür gibt es. Muss wegen zu hohem Tierbesatz der Dung über weite Strecken in andere Regionen transportiert werden, kann sich eine Trocknung des Dungs unter Umständen rechnen, wenn damit Transportkosten gespart werden“, erläutert Prof. Thomas Amon, Abteilungsleiter Technik in der Tierhaltung am ATB. „Um die Ausbreitung pathogener und antibiotikaresistenter Keime künftig deutlich einzudämmen sollten Landwirte im Sinne eines präventiven Wirtschaftsdüngermanagements den Einsatz von Stroh wie in der ökologischen Tierhaltung üblich, eine Verwertung des Dungs in Biogasanlagen mit Feststoffseparierung oder eine Kompostierung in Betracht ziehen. Unsere Ergebnisse aus vorangegangenen Untersuchungen belegen eindeutig, dass Kompostierung die gesundheitsgefährdenden Mikroorganismen vollständig abtöten kann.“

Das Projekt SOARiAL (Spread of antibiotic resistance in an agrarian landscape) wird von der Leibniz-Gemeinschaft im Rahmen des Senatsausschusswettbewerbs (SAW) 2017 (Förderkennzeichen: SAW-2017-DSMZ-2) gefördert und vom Leibniz-Forschungsverbund ”INFECTIONS’ 21″ unterstützt.

Institution: Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie (ATB)
Ansprechpartner/in: Dr. Tina Kabelitz, Dr. Thomas Amon & Helene Foltan

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