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Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF)

Mit mehr Vielfalt aus der Glyphosat-Falle? Interview mit Prof. Frank Ewert über Innovationen im Pflanzenschutz  

Landwirtschaft Pflanzenschutz
Mehr Vielfalt auf unseren Feldern könnte den Einsatz von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln deutlich reduzieren. Im europaweit einzigartigen patchCROP-Landschaftslabor des ZALF östlich von Berlin wird getestet, wie hoch die Einsparpotentiale durch kleinteiligeren Anbau sind und wie sich die Erträge entwickeln. © Hendrik Schneider | ZALF
Mehr Vielfalt auf unseren Feldern könnte den Einsatz von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln deutlich reduzieren. Im europaweit einzigartigen patchCROP-Landschaftslabor des ZALF östlich von Berlin wird getestet, wie hoch die Einsparpotentiale durch kleinteiligeren Anbau sind und wie sich die Erträge entwickeln. © Hendrik Schneider | ZALF

Die negativen Auswirkungen von Pflanzenschutzmitteln auf Biodiversität und Grundwasserqualität sind inzwischen gut erforscht. Die „Farm-to-Fork“-Strategie der Europäischen Union sieht eine Reduktion des Einsatzes chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel um 50 % bis 2030 vor. Die Ampel-Koalition will deren Einsatz nun „auf das notwendige Maß beschränken“ und schlägt hierfür Maßnahmen vor: das umstrittene Pflanzenschutzmittel Glyphosat soll Ende 2023 vom Markt gehen, integrierter Pflanzenschutz und ökologischer Landbau ausgebaut werden. Wie konkret und realistisch sind die Reduktionsziele und -maßnahmen aus Brüssel und Berlin? Welche Rolle kann die Forschung in Deutschland und Europa spielen? Und was bedeutet dies für die Einkommen und Erträge der Landwirte? Prof. Frank Ewert, Wissenschaftlicher Direktor des Leibniz-Zentrums für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) und Professor für Pflanzenbau an der Universität Bonn im Interview zu einem viel diskutierten Thema.

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Moderator: HENDRIK SCHNEIDER
Gesprächspartner:  PROF. FRANK EWERT

Prof. Dr. Frank A. Ewert ist Wissenschaftlicher Direktor des Leibniz-Zentrums für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) und Professor für Pflanzenbau an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Quelle: © Andreas Krone | ZALF
Prof. Dr. Frank A. Ewert ist Wissenschaftlicher Direktor des Leibniz-Zentrums für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) und Professor für Pflanzenbau an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Quelle: © Andreas Krone | ZALF

Warum setzen wir Pflanzenschutzmittel ein und warum werden sie als problematisch wahrgenommen?

Prof. Ewert: Chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel, um die geht es primär bei den Reduktionszielen und -maßnahmen, werden seit etwa Anfang der 1960er Jahre verstärkt eingesetzt. Im Pflanzenschutz unterscheidet man zwischen den Herbiziden, Insektiziden und Fungiziden. Sie helfen, Nutzpflanzen vor Unkräutern, Schädlingen und Pilzkrankheiten zu schützen, um die Ernte und Nahrungsmittelversorgung zu sichern und sind daher aus dem Anbau nicht mehr wegzudenken.

Neben den chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln gibt es auch biologische Pflanzenschutzmittel, die vor allem in der ökologischen Landwirtschaft zur Anwendung kommen und idealerweise im Ökokreislauf abgebaut werden können. Im Vergleich sind diese deutlich unbedenklicher. Bei einer intensiven Nutzung, wie im Fall von Kupferverbindungen im Weinbau, kann es aber auch hier zu Anreicherungen im Boden kommen, die das Ökosystem schädigen.

Insbesondere bei den chemisch-synthetischen Breitband-Pflanzenschutzmitteln stellen wir negative Auswirkungen auf die Pflanzen rund um den Acker, auf Vögel, Säugetiere, Insekten und andere Lebewesen fest. Durch die Schädigung von Bodenorganismen sinkt die Bodenfruchtbarkeit auf dem Acker und auch die Gewässer sind betroffen. Laut Untersuchungen des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung sehen wir in über 80% der kleinen Oberflächengewässer Deutschlands mit Nähe zu landwirtschaftlichen Flächen eine Überschreitung der behördlich zugelassenen Grenzwerte.

Müssen sich die Verbraucherinnen und Verbraucher Sorgen um ihre Gesundheit machen?

Prof. Ewert: In der EU und in Deutschland durchlaufen Pflanzenschutzmittel vor ihrer Zulassung ein aufwändiges Genehmigungsverfahren, in dem die Risiken genau untersucht werden. Insbesondere für mögliche Rückstände der Stoffe in Lebensmitteln gelten sehr strenge Grenzwerte. Dennoch wird häufig kritisiert, dass die Wirkstoffe bei der Zulassung bisher nur für sich allein betrachtet werden. Wir wissen noch nicht vollständig, was passiert, wenn sich einzelne Wirkstoffe über längere Zeiträume in Ökosystemen anreichern oder verschiedene Stoffe zusammen kommen. Die Kritik ist in Teilen also berechtigt.

Laut dem Umweltbundesamt sinkt seit 2017 die Menge der in Deutschland verkauften Pflanzenschutzmittel. Gibt es bereits ein Umdenken in der Landwirtschaft?

Prof. Ewert: Erst wenn über viele Jahre weniger Pflanzenschutzmittel verkauft werden, kann man auch von weniger Pflanzenschutz auf dem Acker ausgehen. Viele Betriebe haben Vorräte. Daher sind die Zahlen nur begrenzt aussagefähig. Dieser kurzfristige Trend kann auch durch klimatische Faktoren wie der Trockenheit in den letzten Jahren bedingt sein, wo einfach weniger Mittel zum Einsatz kamen. Pflanzenschutzmittel aufs Feld zu bringen, hätte sich für viele Betriebe nicht rentiert. Aus den Absatzmengen können wir also nicht auf die tatsächlich eingesetzte Menge schließen, die am Ende auf den Feldern ausgebracht wird. Ein flächendeckendes Monitoring gibt es nicht und wäre auch mit Blick auf den Betriebsdatenschutz zu aufwändig. Einen besseren Hinweis als die Verkaufszahlen gibt der Behandlungsindex. Dieser wird auf regionaler Ebene jährlich und kulturspezifisch vom Julius-Kühn-Institut erstellt. Hier ist für viele wichtige Fruchtarten nicht erkennbar, dass es eine Trendumkehr gegeben hat.

Die „Farm-to-Fork–Strategie“ der Europäischen Union sieht eine Reduktion des chemischen Pflanzenschutzes um 50% bis 2030 vor. Damit gerät die Landwirtschaft unter Handlungsdruck. Kann das gelingen? Was sind sinnvolle Alternativen zu diesen Mitteln?

Prof. Ewert: Auf jeden Fall werden wir, wenn wir uns so feste Zielgrößen setzen, mit Ertragseinbußen rechnen müssen. Um die Ernährungssicherheit zu gewährleisten, kann im Rahmen unserer heutigen Anbausysteme kurz- und mittelfristig nicht vollständig auf chemischen Pflanzenschutz verzichtet werden. Unsere Systeme sind hoch intensiviert, vergleichbar mit Spitzensportlern, die auf die beste Performance optimiert sind. Unsere heutigen Anbausysteme wurden mit dem Ziel entwickelt, genügend Nahrungsmittel zu produzieren. Wenn man diesen Systemen eine oder zwei Komponenten wegnimmt, beispielsweise den Pflanzenschutz oder die Düngung, dann funktionieren diese Systeme nicht mehr so effizient und können ihre „Spitzenleistungen“ in Form hoher Erträge nicht mehr erbringen.

Wir können aber in drei Bereichen besser werden:

  • Zunächst sollte der Einsatz chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel reduziert werden. Anwendung gezielt nur dort, wo es sonst durch Krankheits- oder Schädlingsbefall zu hohen ökonomischen Einbußen kommen würde – Stichwort: „Integrierter Pflanzenschutz“. Allein dadurch ließe sich erheblich viel einsparen. Dazu brauchen wir die entsprechenden Technologien und müssen diese effizienter mit Echtzeitdaten vom Feld verknüpfen.
  • Auch den Anteil biologisch-basierter Wirkstoffe gilt es zu erhöhen.
  • Ein wichtiger dritter und oftmals unterschätzter Ansatzpunkt: Wir müssen unsere Anbausysteme so verbessern, dass sie aus sich heraus widerstandsfähiger gegen Krankheiten und Schädlingsbefall sind. Die Erfahrungen aus der ökologischen Landwirtschaft können hierfür sehr hilfreich sein.

Wo müsste man sofort ansetzen, um Pflanzenschutzmittel in der Landwirtschaft zu reduzieren?

Prof. Ewert: Wenn wir sehr schnell etwas erreichen wollen, müssen wir den integrierten Pflanzenschutz in den Fokus nehmen. Es gibt schon gute Forschungsergebnisse und Empfehlungen dazu, aber in der Praxis bei weitem noch nicht umgesetzt. Laut einer Studie des französischen Agrarforschungsinstituts INRAE könnten 77% der untersuchten Höfe weniger Pflanzenschutz einsetzen, ohne Einbußen beim Ertrag hinnehmen zu müssen, insgesamt also rund 42% weniger Pestizide. Der Grund dafür ist, dass Pestizide oft zum falschen Zeitpunkt oder vorsorglich gespritzt werden. Dieses Problem wäre mit integriertem Pflanzenschutz in den Griff zu bekommen. Wir sollten aber noch einen Schritt weiter gehen und unsere Anbausysteme grundlegend neu denken, auch wenn die Wirkungen erst in einigen Jahren sichtbar wären. Bei diesem Umbau der Landwirtschaft geht es ja nicht nur darum, weniger Pflanzenschutzmittel zu verwenden. Wir müssen viele Dinge gleichzeitig unter einen Hut bekommen: Klimawandel, Erhalt der Biodiversität, Reduktion von Düngemitteln und Ernährungssicherheit. Gleichzeitig sollen unsere Landwirtinnen und Landwirte aber auch wettbewerbsfähig sein und von ihren Einkommen leben und investieren können. Alles hängt eng miteinander zusammen, das wird bei der Diskussion um einzelne Probleme oft vernachlässigt.

Wie funktioniert integrierter Pflanzenschutz? Woran fehlt es für die Verbreitung in der Praxis?

Prof. Ewert: Integrierter Pflanzenschutz heißt, alle verfügbaren vorbeugenden, nicht-chemischen und chemischen Maßnahmen zu nutzen, um die Pflanzenbestände gesund zu erhalten. Zu den vorbeugenden Maßnahmen gehören beispielsweise die Bodenbearbeitung, erweiterte Fruchtfolgen und die Förderung von Nützlingen. Es gilt hier die Widerstandsfähigkeit der Pflanzen und des gesamten Systems gegenüber Krankheiten und Schädlingen so zu stärken, dass erst ganz zuletzt auf chemische Pflanzenschutzmittel zurückgegriffen werden muss. Wenn möglich, sollten eher biologisch basierte Wirkstoffe und Nützlinge eingesetzt werden. Mit erweiterten Fruchtfolgen bauen wir statt nur zwei bis drei unterschiedlicher Pflanzenarten in Folge fünf oder mehr Arten an. Unkräuter können sich so nicht so stark ausbreiten, das System mindert die Ausbreitung von Krankheiten und erhöht Biodiversität und Bodenfruchtbarkeit. Die Einrichtung von Grünstreifen kann ebenfalls einen Beitrag leisten.

Die Technologien dafür sind vorhanden und werden von einigen Betrieben schon gut eingesetzt, allerdings leider noch nicht in der Breite. Daher wäre hier am schnellsten etwas zu ändern. Aber den Betrieben, zum Beispiel hier in Brandenburg, fehlt es dazu oft an unabhängiger Beratung. Auch ökonomische Zwänge spielen eine Rolle: Landwirte reagieren auf Preisentwicklungen auf dem Markt und bauen die rentabelsten Arten an, statt auf erweiterte Fruchtfolgen zu setzen, die längerfristig etabliert werden müssten. Die Unsicherheiten für Investitionen in neue Technik sind groß. Hier braucht es eine klare politische Perspektive.

Einen Ansatzpunkt, integrierten Pflanzenschutz und die Reduktion der Pflanzenschutzmittel durchzusetzen, sehe ich in der zweiten Säule der gemeinsamen Agrarpolitk der EU: Über Förderprogramme bekommen die Betriebe finanzielle Anreize, zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen, wie das Anlegen von Blühstreifen und damit die Schaffung von Lebensraum für Nützlinge oder das Einrichten von Fruchtfolgen und Mischfruchtanbau. Hier müssten Maßnahmen ressortübergreifend zwischen Landwirtschafts- und Umweltministerium abgestimmt werden. Gleichzeitig brauchen wir eine bessere Beratung der Betriebe und ein engeres Zusammengehen zwischen Wissenschaft und Praxis.

Welche Ansätze sehen Sie noch, um unsere Anbausysteme zu stärken?

Prof. Ewert: Es ist sinnvoll, in der Agrarlandschaft Lebensraum für sogenannte biologische Gegenspieler von Schädlingen zu schaffen, Nützlinge wie der Marienkäfer oder Vögel, die bestimmte Schadinsekten fressen. Ein einzelner Marienkäfer frisst immerhin 100 bis 150 Blattläuse am Tag.

Auch sogenannte Kombinationssysteme, wie der Mischfruchtanbau, können dazu beitragen, Unkraut und Krankheiten auf dem Feld zu unterdrücken. Das macht es möglich, die Krankheitsausbreitung auf dem Feld zu brechen: Zwischen den Pflanzen stehen jeweils andere Arten, die für bestimmte Erreger nicht anfällig sind. Forschung und Praxis sind allerdings erst am Anfang diese Systeme zu verstehen und die richtigen Pflanzenarten und -sorten dafür bereitzustellen. Dazu laufen Pilotexperimente. Wir als ZALF testen beispielsweise gerade mit Partnern die Erhöhung der Vielfalt in der Agrarlandschaft durch den kleinteiligen und gleichzeitigen Anbau vieler Fruchtarten in einem weltweit einzigartigen Landschaftslabor mit dem Namen patchCROP.

Eine weitere Möglichkeit ist es, die Pflanzen auf der Fläche so zu verteilen, dass Wildkräuter keinen Platz mehr finden. Wenn Mais in Reihe angebaut wird, sind die Abstände zwischen den Pflanzen noch sehr groß. Wenn wir diese mit der richtigen Technologie so auf dem Feld verteilen, dass sich die Lücken schneller schließen, haben Wildkräuter weniger Gelegenheit sich anzusiedeln.

Auch mechanische Unkrautbekämpfung bietet viel Potenzial, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zu reduzieren. Mit einem Anteil von 50,6% unter den Pflanzenschutzmitteln werden Herbizide zur Bekämpfung von Wildkräutern am häufigsten eingesetzt. Bei bestimmten Kulturen lassen sich Wildkräuter auch mit mechanischen Verfahren, wie Striegeln oder Hacken, in den Griff bekommen. Es werden zudem erste Agrarroboter für die Unkrautbekämpfung erprobt. Hier sehen wir ein großes Potenzial, Unkräuter gezielt zu bekämpfen oder einen Teil davon stehen zu lassen, um die Biodiversität und Resilienz des Gesamtsystems zu fördern. Auch diese wollen wir in den nächsten Jahren auf unseren Versuchsfeldern intensiv testen und für den Praxiseinsatz vorbereiten.

Wie kann die Züchtung zur Reduktion von Pflanzenschutzmitteln beitragen?

Prof. Ewert: Mit Züchtung können wir die Resistenz der Pflanzen gegenüber Krankheiten, wie dem Mehltau, stärken. Neue Züchtungsmethoden können den Züchtungsfortschritt beschleunigen. Allerdings wird Züchtung allein dieses Problem nicht lösen, da sich die Erreger ebenfalls schnell an Resistenzen anpassen können. In der Kombination von resistenten Sorten und den bereits angesprochenen Maßnahmen des biologischen und chemischen Pflanzenschutzes werden wir am wirkungsvollsten Erfolge erzielen.

Anfang 2019 startete die Forschungsinitiative „Auf dem Weg zu einer pestizidfreien Landwirtschaft“ der Forschungseinrichtungen ZALF und Julius-Kühn-Institut aus Deutschland und INRAE aus Frankreich: die zwei größten Agrarproduzenten der EU und drei führende Agrarforschungseinrichtungen Europas im Schulterschluss. Daraus ist ein europaweites Netzwerk aus 34 Partnern entstanden, mit dem Ziel, den Einsatz chemisch-synthetischer Pestizide in der Landwirtschaft deutlich zu reduzieren. Welche Fortschritte gibt es?

Prof. Ewert: Diese Initiative hat sehr zum Austausch zwischen den Forschungseinrichtungen dieser und weiterer Länder Europas beigetragen. Anfang 2020 wurde dann daraus auch die European Research Alliance (ERA) mit gleichem Namen gegründet, mit dem Ziel, die Zusammenarbeit und den Austausch zu fördern. Derzeit planen wir eine Konferenz in Dijon, Frankreich, die im Juni diesen Jahres stattfinden wird. Insgesamt profitieren alle Beteiligten von dieser grenzüberschreitenden Vernetzung, weil die Anbausituationen in Europa natürlich sehr unterschiedlich sind und es auch an die jeweiligen Standorte angepasste Lösungen braucht. Es ist daher gut, dass wir jetzt intensiver Wissen und Daten austauschen, um hieraus auch größere Zusammenhänge ableiten zu können, die sich über alle Standorte hinweg als hilfreich erweisen.

In Frankreich wird die Forschung daran, wie man den Einsatz der Pflanzenschutzmittel reduzieren kann, mit Initiativen und nationalen Förderprogrammen schon sehr intensiv, vielleicht intensiver als in Deutschland, unterstützt. Auch auf der EU-Ebene werden Fördermaßnahmen in diese Richtung vorbereitet: Es gibt zum Beispiel im Rahmen des Europäischen Forschungsprogramms Horizon Europe Planungen zur Einrichtung einer größeren Partnerschaft zu agrarökologischen Reallaboren. Hier wird direkt auf landwirtschaftlichen Betrieben erforscht, wie wir die Vitalität unserer Systeme verbessern, auch mit Blick auf umweltschonenderen Pflanzenschutz. Diese relativ neuen Reallabore, oder auch „Living Labs“, sind eine exzellente Schnittstelle zwischen Forschung und Praxis und spielen eine immer wichtigere Rolle bei der Wissensvermittlung in die Praxis und Gesellschaft.

Was wäre ihr Appell an die Forschungspolitik?

Prof. Ewert: Um den Wissensaustausch mit den Living Labs strukturiert und flächendeckend voran zu treiben, braucht die Forschung Infrastrukturen, wie zum Beispiel Innovationszentren zu bestimmten Schwerpunktthemen: Biodiversität, Digitalisierung, Klimawandel und so weiter. Speziell in Deutschland sollten wir hier mit Frankreich gleichziehen und uns mit einer intensiveren Forschungsförderung in dem Bereich besser aufstellen. An diese Fragestellungen sind am Ende auch Innovationen, Wettbewerbsfähigkeit, Märkte und Arbeitsplätze geknüpft.

Viele Ziele in den Bereichen Klima, Biodiversität, Natur-, Umwelt- und Ressourcenschutz, Ernährungssicherheit und Energie werden wir ohne Wandel in der Landwirtschaft nicht erreichen können. Das sind umfassende gesellschaftliche und ökonomische Veränderungsprozesse, die auch neue Forschungsstrukturen benötigen. Mit unseren jetzigen, oftmals zu sehr in Einzeldisziplinen verhafteten Strukturen, können wir den notwendigen Wandel nur bedingt begleiten. Innovationszentren und Reallabore, in denen wir gemeinsam mit den Landwirten und weiteren Akteuren forschen können, sind wichtige Vehikel, um Anwendungen und neues Wissen aus der Forschung schneller auf das Feld und am Ende auch auf die Teller der Verbraucherinnen und Verbraucher zu bringen.

Weiterführende Informationen

Webseite zur Europäischen Forschungsallianz:
https://www.era-pesticidefree.eu/

Video zum patchCROP-Landschaftslabor:
https://comm.zalf.de/sites/patchcrop/SitePages/Videos.aspx

Webseite zum patchCROP-Landschaftslabor:
https://comm.zalf.de/sites/patchcrop

Vitae von Prof. Dr. Frank A. Ewert:
https://www.zalf.de/de/ueber_uns/mitarbeiter/Seiten/ewert_f.aspx

Erschien zuerst im/auf: querFELDein-Blog
Institution: Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF)
Ansprechpartner/in: Prof. Frank Ewert

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