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Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB)

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Ein Fluss verläuft durch ein Waldgebiet.
Die Renaturierung von Fließgewässern fördert den Wasserrückhalt in der Landschaft. Foto: thomszsuch / Pixabay.

Text: NADJA NEUMANN

In Berlin und Brandenburg hat es 2023 relativ viel geregnet. Auch zu Beginn dieses Jahres profitierten die Böden, Seen und Flüsse der Region von mehr Niederschlag. Professorin Dörthe Tetzlaff sieht darin eine positive Entwicklung, gibt aber keine Entwarnung. Ihre Daten zeigen: Das Wasser ist zwar im Boden angekommen, aber das Grundwasser hat noch nicht wieder den gewünschten Zustand erreicht. Schuld daran ist auch die hohe Wasserverdunstung.

Wer wissen will, wie trocken oder feucht die Böden in Deutschland sind, wirft einen Blick auf den Dürremonitor des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ). Der zeigte in den vergangenen Monaten wenig Gelb, Orange und Rot. Demnach war es in weiten Teilen Deutschlands nicht ungewöhnlich trocken. Schon gar nicht trat großflächig eine mäßige, schwere, extreme oder außergewöhnliche Trockenheit auf.

„Erfreulich ist, dass das Wasserdefizit unserer Böden durch die Niederschläge im vergangenen Jahr und zu Beginn dieses Jahres wieder ausgeglichen wurde. In einigen Regionen Deutschlands – auch hier in Berlin/Brandenburg – sind die Böden völlig gesättigt“, sagt Tetzlaff. Das „Bodenwasserdefizit“ dient dem UFZ-Dürremonitor als Indikator dafür, ob genügend Wasser in der Landschaft vorhanden ist. Dafür betrachtet er den Wassergehalt des Bodens bis zu einer Tiefe von 1,80 Metern.

Das tiefer gelegene Grundwasser wird so durch den Monitor allerdings nicht erfasst. „Unsere aktuellen Daten zeigen, dass die Grundwasserstände im sehr niederschlagsarmen Brandenburg zwar deutlich angestiegen sind, aber immer noch nicht die ‚Normalwerte‘ von vor der Dürre 2018 erreicht haben“, erklärt Tetzlaff.

Grundwasserspeicher noch nicht wieder aufgefüllt

Die Ökohydrologin forscht am Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) und der Humboldt-Universität zu Berlin. Der Wasserhaushalt in Brandenburg ist eines ihrer Themen. Am Beispiel des “Demnitzer Mühlenfließes” hat ihr Team bereits 2021 Berechnungen durchgeführt. Bereits 1990 wurde hier ein Untersuchungsgebiet des IGB eingerichtet, um die Auswirkungen der Landnutzung auf den Wasserhaushalt zu untersuchen. Das Team wollte herausfinden, was es braucht, um das Wasserdefizit nach der extremen Dürre 2018/2019 auszugleichen? Die Antwort: Bis zu vier Jahre mit gleichmäßig über das Jahr verteilten normalen Niederschlägen. Das extreme Trockenjahr 2022 ist dabei noch nicht berücksichtigt. „Ein nasser Winter reicht also nicht aus, um das Grundwasser wieder aufzufüllen. Denn das Wasser muss erst mehrere Meter ungesättigten Boden wiederauffüllen und durchdringen, bevor es die Grundwasserleiter erreicht. Darüber hinaus darf es nicht durch oberirdischen Abfluss verloren gehen, zum Beispiel auf Feldern, die nahe der Oberfläche schon mit Wasser gesättigt sind“ so Tetzlaff. Die Langzeitdaten des IGB aus dem Demnitzer Mühlenfließ umfassen inzwischen mehr als 30 Jahre. Sie zeigen seit 2011 insgesamt sinkende Grundwasserstände, ein Trend, der sich seit 2018 noch verstärkt hat.

Portaitfoto von Prof. Dörthe Tetzlaff
Prof. Dörthe Tetzlaff leitet am IGB die Arbeitsgruppe "Landschafts-Ökohydrologie". Foto: David Ausserhofer

Verbindung zwischen Grundwasser und Oberflächengewässern

Weniger Grundwasser und höhere Verdunstung führen auch zu niedrigeren Wasserständen in den Oberflächengewässern. Am Demnitzer Mühlenfließ hat sich das in den letzten Jahren deutlich gezeigt. Immer häufiger führte der Fluss gar kein Wasser – zum Teil über mehrere Monate hinweg. „Das lag daran, dass aufgrund des niedrigen Grundwasserspiegels die Verbindung zwischen Grund- und Oberflächenwasser unterbrochen war“, stellt Tetzlaff fest. Dies war vor allem in nicht renaturierten, begradigten Gewässerabschnitten der Fall. Gewässerabschnitte mit größeren Auen- oder Moorflächen zeigten dagegen eine höhere Widerstandsfähigkeit gegenüber Trockenheit.

Das zeigt: Die Renaturierung von Fließgewässern fördert den Wasserrückhalt in der Landschaft. Wenn das Wasser einen längeren, gewundenen Lauf hat, nicht so schnell oberirdisch abfließt und dadurch besser versickern kann, wird auch das Grundwasser gespeist. Genau diesen Effekt hatten Renaturierungsmaßnahmen im Demnitzer Mühlenfließ: Der Grundwasserspiegel stieg deutlich an, nachdem 2001 in Teilbereichen Auen und Feuchtgebiete geschaffen worden waren.

Aufgrund des bodennahen Grundwasserspiegels in Feuchtgebieten und Auen kann der Fluss länger durchgängig Wasser führen. Das Grundwasser macht dann mehr als die Hälfte des Zuflusses aus. Umgekehrt bleibt der Grundwasserspiegel in den Feuchtgebieten auch in den Sommermonaten, wenn der Fluss nicht fließt, sehr nahe an der Erdoberfläche. „Diese Ergebnisse zeigen deutlich, wie sich der Wasserfluss zwischen Grund- und Oberflächenwasser in einem renaturierten Flussbett selbst stabilisieren kann und auch bei Trockenheit weniger anfällig für Unterbrechungen und Trockenfallen ist“, sagt Tetzlaff.

In einem Wald mit hauptsächlich älteren Nadelbäumen sieht man junge Laubbäume nachwachsen.
Ein Waldumbau hinzu altersgemischte Mischwäldern mit jüngeren Laubbäumen kann Verdunstung verringern und Grundwasser steigen lassen. Foto: Andreas Neumann / LFB

Wasser „pflanzen“: Waldumbau lohnt sich

Auch die Art der Bepflanzung beeinflusst, wie viel Wasser in der Landschaft gespeichert wird. Das Team um Dörthe Tetzlaff zeigt in einer weiteren Studie, wie ein Landnutzungsmosaik mit Mischkulturen dazu beitragen kann: Mehr Wasser sickert in den Boden und gelangt ins Grundwasser. Außerdem verdunstet weniger. Der Anbau besonders wasserintensiver Feldfrüchte in der Region sollte kritisch hinterfragt werden. Und auch der Waldumbau hin zu mehr Mischwäldern statt Nadelwald-Monokulturen ist dringend notwendig.

Dass es sich lohnt, zeigt sich ebenfalls am Demnitzer Mühlenfließ. Feldversuche und Modellrechnungen machen deutlich: Der Ersatz von Nadelwäldern durch altersgemischte Mischwälder mit jüngeren Laubbäumen hat das größte Potenzial, Verdunstung zu verringern und Grundwasser steigen zu lassen. Eine Erhöhung des Anteils von Laubbäumen in Wäldern um 50 Prozent führte zu einer Erhöhung der Grundwasserneubildung im gesamten Einzugsgebiet um 11 Prozent. Dies verkürzt auch die Zeit, die das Grundwasser braucht, um sich neu zu bilden. So erholen sich Bodenfeuchte und Grundwasserspeicher nach Trockenperioden schneller.

„Wir müssen aus den vergangenen Trockenjahren lernen, dringend umdenken und die vorhandenen klimaresilienten Anpassungsstrategien jetzt konkret umsetzen, denn nach der Dürre ist vor der Dürre“, betont Tetzlaff. Ein nachhaltiges Management unserer Landschaften und ihrer Gewässer wird immer wichtiger.

Institution: Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB)
Ansprechpartner/in: Prof. Dörthe Tetzlaff

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