In Zusammenarbeit mit:

Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK)

Zwischen Schlepper und Schreibtisch  

Agrar- und Gartenbautechnik Digitalisierung Dünger Landwirtschaft Landwirtschaft 4.0
Gerald Fiedler hat auf seinem Standardschlepper gleich vier Displays im Blick. © IPK Leibniz-Institut | G. Fiedler
Gerald Fiedler hat auf seinem Standardschlepper gleich vier Displays im Blick. © IPK Leibniz-Institut | G. Fiedler

Text: CHRISTIAN SCHAFMEISTER

Beim Düngen der Versuchsfelder sitzt Gerald Fiedler in einem High-Tech-Fahrzeug. Doch weil er in der Arbeitsgruppe „Versuchsfeld und Gärtnerei“ immer mehr Verantwortung übernimmt, sitzt er auch viele Stunden im Büro. Eine Kombination, die dem 33-Jährigen ausgesprochen gut gefällt.

Für diejenigen, die lieber hören, statt lesen

Download

Und los geht es! Gerald Fiedler nimmt den linken von zwei Joysticks in seine rechte Hand und setzt den Standardschlepper auf dem Zuckerrübenfeld in Gang. Mit einer Geschwindigkeit von gut sechs Kilometern pro Stunde fährt er zunächst den äußeren Feldrand ab. Doch wer jetzt an eine gemütliche Traktorfahrt denkt, liegt falsch. Der 33-jährige Mitarbeiter aus der Arbeitsgruppe „Versuchsfeld und Gärtnerei“ muss trotz der langsamen Fahrt hochkonzentriert sein. In seiner Kabine hat er gleich vier Displays im Blick: ein Terminal für den Schlepper, ein Terminal für das Lenksystem, einen Computer für den heute anmontierten Düngerstreuer und ein Tablet mit der App des Düngerstreuerherstellers.

An diesem sonnigen Apriltag steht die Grunddüngung eines rund drei Hektar großen Areals auf dem Programm. Pro Hektar kommen 850 Kilogramm Dünger auf das Feld. Dabei handelt es sich um einen sogenannten NPK-Dünger, also einen Dünger, der die drei Nährelemente Sticksoff (N), Phosphor (P) und Kalium (K) enthält. „850 Kilogramm pro Hektar ist schon eine große Menge, dafür braucht auch unser moderner Düngerstreuer eine gewisse Zeit, deshalb kann ich hier auch nicht einfach mit 20 Kilometern pro Stunde die Spuren entlangfahren“, erläutert Gerald Fiedler, während auf der ersten Runde das GPS-System die Daten des Rübenfeldes erfasst und auch diese auf einem der Displays erscheinen.

Wenn Gerald Fiedler von seinem Standardschlepper erzählt, dann schwingt schon ein wenig Stolz mit. „Das ist wirklich High-Tech, unter anderem mit einem der neusten Lenksysteme.“ Eingesetzt wird das Fahrzeug seit Anfang des Jahres für die Betreuung von Großflächen. 153.000 Euro hat der Schlepper mit 140 PS gekostet, den wohl kaum einer so gut kennt wie der 33-Jährige. „Ich war schon intensiv an der Anschaffung beteiligt und habe unter anderem das Leistungsverzeichnis mit erstellt, also aufgelistet, was das Gerät alles können muss.“ Doch auch der Düngerstreuer ist erst seit einem Jahr am IPK im Einsatz. Die Körner werden dabei über zwei Streuteller mit jeweils zwei Paddel auf das Feld geschleudert.

Seit Anfang des Jahres wird das 153.000 Euro teure Fahrzeug am IPK für die Betreuung von Großflächen genutzt. © IPK Leibniz-Institut | C. Schafmeister
Seit Anfang des Jahres wird das 153.000 Euro teure Fahrzeug am IPK für die Betreuung von Großflächen genutzt. © IPK Leibniz-Institut | C. Schafmeister

Seit nunmehr zehn Jahren arbeitet Gerald Fiedler am IPK, zunächst als Saisonkraft, dann finanziert über mehrere Projekte und seit 2018 in Festanstellung. Und in der gesamten Zeit war er in der Arbeitsgruppe „Versuchsfeld und Gärtnerei“ von Peter Schreiber tätig. Der sei nicht nur ein Chef mit einem enormen Fachwissen und einer sozialen Ader, sagt Gerald Fiedler. „Ich bewundere vor allem auch, wie er in Stresssituationen die Ruhe behält und dann Punkt für Punkt abarbeitet“, erklärt der gelernte Gärtner im Obstanbau, der sich selbst auch immer weiterentwickeln möchte. „Daher habe ich 2019 auch die Ausbildung als Pflanzentechnologiemeister begonnen und im vergangenen Jahr erfolgreich abgeschlossen.“ Außerdem gibt der 33-Jährige auch regelmäßig Lehrunterweisungen für junge Pflanzentechnologen. Und Peter Schreiber scheint zu wissen, was er an seinem langjährigen Mitarbeiter hat und hat ihm deshalb im Laufe der Zeit immer mehr Aufgaben und Verantwortung übertragen.

Und wenn Gerald Fiedler von seiner Arbeit berichtet, dann merkt man sofort, dass er seinen Job gerne macht. „Landwirtschaft ist Leidenschaft, das lebt man einfach“, erklärt er. Und die Spanne seiner Tätigkeiten ist groß. Sie reicht von Handarbeit wie etwa dem Aufstellen von Zäunen oder Rankgittern für Leguminosen über die Bedienung schwerer Technik wie beim Düngen bis hin zur Beschaffung von Material und Ersatzteilen. „Da ist wirklich kein Tag wie der andere.“

Gerald Fiedler liebt die Abwechslung zwischen Arbeit auf dem Feld und im Büro. © IPK Leibniz-Institut | C. Schafmeister
Gerald Fiedler liebt die Abwechslung zwischen Arbeit auf dem Feld und im Büro. © IPK Leibniz-Institut | C. Schafmeister

Doch auch bei der Düngung an diesem Tag geht es nicht nur um High-Tech. Bevor es auf das Feld geht, muss der Dünger analysiert, der sogenannte Düngerflusswert ermittelt und in den Streuer eingegeben werden. Dieser berechnet sich aus drei Faktoren: dem Litergewicht, der Korngröße und der Festigkeit von dem Mittelwert von zehn Körnern. Für die Analyse nimmt der Mann aus Bad Suderode einen großen Messbecher voll mit Körnern. Ein Teil davon füllt er in einen sogenannten D-Indikator, ein kleines Plastikteil mit vier Kammern, jeweils durch unterschiedlich große Siebe getrennt. Damit wird die Korngröße ermittelt. Und mit einem sogenannten F-Indikator, einem zylinderförmigen Gerät mit einer Feder, wird die Festigkeit des Düngers ermittelt. „Die Angaben werden über eine App des Herstellers eingegeben und dann spuckt diese den entsprechenden Wert aus.“ An diesem Tag ergibt sich ein Flusswert von 24,8 – das heißt, in 30 Sekunden kommen 24,8 Kilogramm Dünger auf das Feld.

Doch Gerald Fiedler ist nicht nur auf den Versuchsfeldern rund um das IPK im Einsatz. Er war auch schon in Triesdorf (Bayern) und Asendorf (Niedersachsen) unterwegs. „Dort haben wir Erdproben entnommen, die dann von Diana Heuermann und ihrem Team für Versuche mit Zwischenfrüchten analysiert worden sind“, erklärt Gerald Fiedler. Anstelle des Düngerstreuers wurde damals also ein Probennehmer an einen Standardschlepper montiert. Die meisten Kontakte zu Forscherinnen und Forschern am IPK in Gatersleben hat Gerald Fiedler zu Doktoranden, wenn bei deren Projekten auch landwirtschaftliche Technik eingesetzt werden muss.

Doch mehr Verantwortung heißt für den Pflanzentechnologiemeister auch mehr Schreibtischarbeit. Aktuell geht es beispielsweise um den Aufbau einer sogenannten Ackerschlagkartei. Die Erstellung einer solchen Auflistung aller ackerbaulichen Maßnahmen auf einem Feldstück (oder Schlag, daher der Name) ist in der Landwirtschaft gängige Praxis, und soll nun aber auch vom IPK erstellt werden. „Die entsprechende Software haben wir bereits gekauft, nun geht es um die Einweisung und später die Eingabe aller erforderlichen Daten“, erklärt Gerald Fiedler.

Dass die Arbeiten am Schreibtisch und auf dem Schlepper für den 33-jährigen IPK-Mitarbeiter sehr oft zusammengehören, zeigt sich auch an diesem Tag. Denn nachdem Gerald Fiedler seinen neuen Schlepper wieder auf dem Campus abgestellt hat, muss er auch alle Daten zu seinem Arbeitsprozess mit einer 90-minütigen Streuzeit auf dem Zuckerrübenfeld in die neue Ackerschlagdatei einspeisen.

Erschien zuerst im/auf: IPK-Journal 2023-1
Institution: Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK)
Ansprechpartner/in: Gerald Fiedler

Kommentieren

Newsletter abonnieren

Vier- bis sechsmal jährlich informieren wir über Fakten, News und Ideen rund um die Landwirtschaft der Zukunft.